Finanzkrise in Island

Island ist mehr als nur ein Reiseland. In diesem Forum werden gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Themen diskutiert. Eben alles, was nicht unbedingt mit Tourismus und Reise zu tun hat.
MartinB
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Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von MartinB » Di 12. Jan 2010, 08:51

Auch wenn ich die Regelungen im Detail nicht kenne: Island ist freiwillig Mitglied im EWR (ja, den gibt's immer noch) und hat sich damit bestimmten Regeln "unterworfen". Die Sinnhaftigkeit einer EU-Ablehnung bei gleichzeitiger EWR-Mitgliedschaft soll jetzt nicht das Thema sein, das kann man in der Tat kontrovers diskutieren. Aber auch die Norweger haben sich für diese Variante entschieden.

Soweit ich es aus den öffentlich zugänglichen Quellen (auch wenn ich nicht Alles lese, bspw. fehlt mir der Handelsblatt-Artikel von vor ein paar Tagen) verstehe, geht der Streit darum, in [u]welcher Höhe[/u] Island als Staat aufgrund der EWR-Regelungen eine Entschädigung zu zahlen hat.

Es scheint ja nicht so zu sein, dass die Banken richtig in Konkurs gegangen sind, sondern sie jetzt einen neuen Eigentümer haben. Dass dem neuen Eigentümer (in diesem Fall dem Staat Island) dann unbequeme Forderungen zugestellt werden, finde ich erstmal nicht so wirklich verwunderlich. Ich bin zwar kein Volkswirtschaftler, aber ich tendiere zu der Meinung, dass ein Konkurs nicht immer der schlechteste Weg ist. Der isländische Staat - vertreten durch die gewählten Repräsentanten - hat sich anders entschieden.

Selbst wenn die "alten Banken" durch durch einen förmlichen Konkurs rechtlich liquidiert wurden, wäre der Staat aufgrund der EWR-Regelungen teilweise in Haftung. Das ist dann die Konsequenz, wenn man keine ordentliche Bankenaufsicht betreibt / betreiben will. Das ist in Deutschland übrigens so anders nicht. Die HypoReal (oder anders herum?) bekommt vom deutschen Steuerzahlen hunderte Milliarden Euro ... aber bei uns geht's durch 80 Milionen und nicht durch 300 Tausend.

Das neben all den sachlichen Fragestellungen auf beiden Seiten auch noch reichlich Emotionen sowie die Darstellung von Macht oder Unabhängigkeit (aus jeweils innenpolitischen Gründen) eine erhebliche Rolle spielen, macht es nicht wirklich einfacher. Die Verhandlungen mit Deutschland sind ja verhältnismässig geräuschlos über die Bühne gegangen, wohl mit einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis.

Ich finde aber die Wahrnehmung der EU-Staaten "interessant", wenn sie meinen, dass Island in die EU will und sie mit einem gefühlten, angedrohten oder echten Veto ihre Verhandlungsposition verbessern würden.

Gruß Martin
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Reiner
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Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von Reiner » Di 12. Jan 2010, 09:26

Es gibt einen guten Zustandsbericht über die Lage vieler Isländer im neuen Spiegel.Hintergrundinformationen sind ja schwer zubekommen und man kann hier gut nachlesen,wie schwer es für viele Isländer in den nächsten Jahren wird.
Gruß Reiner
sgm

Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von sgm » Do 14. Jan 2010, 17:09

MartinB hat geschrieben:Ich finde aber die Wahrnehmung der EU-Staaten "interessant", wenn sie meinen, dass Island in die EU will und sie mit einem gefühlten, angedrohten oder echten Veto ihre Verhandlungsposition verbessern würden.
Es geht auch konkret darum, dass Beitrittverhandlungen zur EU überhaupt aufgenommen werden können, denn ...
"Laut europäischem Recht kann ein Land der EU nicht beitreten, wenn es seine Bankeinlagen nicht außerhalb der Landesgrenzen abgesichert hat."
... und genau das hat Island leider nicht gemacht :( .

Gut es gibt auch Mitglieder wie z.b. Griechenland, die gelogen und betrogen haben, um den Euro zu bekommen, nur die gehören halt schon zum Klub :wink: . Vor einigen Jahren wäre es für Island auch einfacher gewesen Mitglied im Klub zu werden, aber da wollte man ja noch nicht.
MartinB
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Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von MartinB » Do 14. Jan 2010, 20:49

".. da wollte man ja noch nicht" - also ich habe eher den Eindruck, dass derzeit die Mehrheit der Isländer/innen nicht will
sgm

Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von sgm » Sa 16. Jan 2010, 13:30

MartinB hat geschrieben:".. da wollte man ja noch nicht" - also ich habe eher den Eindruck, dass derzeit die Mehrheit der Isländer/innen nicht will
dann sollen sie es bleiben lassen!
Ich befürchte nur, dass es in Zukunft als Mini-Staat, mit eigener Mikro-Währung nicht einfacher werden wird.
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Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von Wilfired75 » Fr 22. Jan 2010, 14:25

Die Schweiz macht´s der ganzen EU doch glänzend vor, dass man mitten in Europa ganz gut (sogar besser?) ohne EU und € usw. klarkommt. Trotz kleinem Staat. Und sogar eigene Meinungen vertreten die lustigen Eidgenossen! Und alles ohne tatsächlichen Imageverlust, nicht schlecht!

Wenn die Banker Island nicht kaputtmachen würden, könnte es ganz gut auch ohne die EU klarkommen...
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Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von MartinB » Fr 22. Jan 2010, 15:06

Nun, einen kleinen Unterschied sehe ich doch: In der Schweiz ist das Bankwesen das (wirtschaftliche) Rückgrat der Volkswirtschaft. In Island hat's dem Land eher das Rückgrat gebrochen ....
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Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von BEH » Sa 23. Jan 2010, 16:32

Manche hatten eben gerade die Idee, Island zu einem riesigen Finanzzwerg zu machen. Die Finanzwelt wurde als neuer Erwerbszweig gefeiert, man kaufte in Kopenhagen und London, und es gelang den "Expansionswikingern" zu überzeugen, und riesige Summen an sich zu ziehen. Vorbilder waren sicherlich Staaten wie Lichtenstein, Luxembourg und eben auch die Schweiz. Dieses Nacheifern ist dem Staat am Rande Europas nicht wohl bekommen. Und jetzt werden die 320000 Insulaner auch noch von den Großmächten und ehmaligen Kolonialmächten England und Holland in perfider Weise zu einem unfairen Abkommen in Sachen Icesave gezwungen. Um sich gegen solche Großmachtgebärden zu wehren, hat die isländische Regierung sich an einen dritten Staat gewandt, um in dieser Sache zu vermitteln. Welcher Staat das ist, ist noch nicht bekannt.
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Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von Sigrid » Di 13. Apr 2010, 19:09

Gestern ist der Black Report oder auch Truth Report "veröffentlicht" worden. Ein 2.000 Seiten starkes Pamphlet. Ein Polizist aus Borganes wurde mit der Recherche beauftragt. Er hat das wiederum an eine finnische Controllerin deligiert. Kluger Mann. Es war wohl sehr, sehr schwierig jemanden in Island zu finden, der weder in der Verwandtschaft noch in dem Freundeskreis jemanden hat, der irgendwie was mit der Sachen zu tun haben könnte.

Blog vom Telegraph
Financial Times - Mmmh... wahrscheinlich kann man den Artikel nur einmal ohne Registrierung lesen? :|
Guardian
und last but not least wer sich die Vorlesung anhören mag wird hier bedient - leider ohne Untertitel.
The sky maybe falling down, but the stars look good on you ... himininn er að hrynja, en stjörnurnar fara þér vel

Ein paar meiner Bilder gibt´s da -->Flickr
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Re: Finanzkrise in Island

Beitrag von MartinB » Di 13. Apr 2010, 20:40

Ein Kurzbericht dazu gibt es auch bei Tagesschau.De:
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/island262.html

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