Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Island ist mehr als nur ein Reiseland. In diesem Forum werden gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Themen diskutiert. Eben alles, was nicht unbedingt mit Tourismus und Reise zu tun hat.
Benutzeravatar
greulix
Herrscher des Nordmeeres
Beiträge: 558
Registriert: Mo 20. Apr 2009, 19:32
Wohnort: Rhein-Main

Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von greulix » Mi 5. Jan 2011, 11:12

Hallo zusammen,

ich bin auf einen ganz netten Bericht über einen Island-Aufenthalt mit Praktikum in einer Apotheke in Siglufjördur gestoßen. Der Bericht gibt einen kleinen Einblick ins isländische Gesundheitssystem.
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/i ... p?id=36314

Viel Spaß beim Lesen!
greulix
Ein Einblick in die Küche Islands: http://islandfankochbuch.blogspot.de
Unser Koch- und Backbuch "Leckeres Island": http://www.leckeres-island.de
Benutzeravatar
Monique
Plauder-Elfe
Beiträge: 3565
Registriert: So 7. Mai 2006, 16:36

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von Monique » Mi 5. Jan 2011, 16:09

Danke für den Tipp, der Beitrag gibt tatsächlich einen kleinen Einblick. Allerdings vermute ich mal, dass sie sich bei dem 4%-Beitrag vertan hat - der ist für die Rentenversicherung. Die Krankenversicherung wird meines Wissens über die Einkommenssteuer finanziert. Die Rezeptabgabe in Tüten war auch für mich damals neu, ebenso, dass für den Apothekenbesuch die Kenntnis der isländischen Zahlen ganz sinnvoll sein kann - ich habe in einer Apotheke in Rvk mal ne Nummer bekommen und als mein Rezept fertig bearbeitet war, wurde die Nummer aufgerufen. Ganz praktisch allerdings finde ich, dass Rezepte zentral im Computer gespeichert werden. So konnte ich ein Rezept vom Arzt in Klaustur auch in Reykjavík einlösen und musste dazu nur meine Kennitala sagen.

Wer in Deutschland über die Praxisgebühr stöhnt, ändert das, sobald er in Island zum Arzt geht ;) . Dort wird bei jedem Arztbesuch eine Gebühr fällig. Für normale Arztbesuche zahlt man als in Island Krankenversicherter 1.000 isk. Kommt man als Tourist, sind es 4.000 isk. Das waren zumindest die Preise bis Jan 2010.

Wer für längere Zeit zum Arbeiten nach Island geht, sollte unbedingt die Bescheinigung E104, ausgestellt von der bisherigen Krankenkasse in Deutschland, mitnehmen und zusammen mit der Beantragung der Kennitala abgeben. Damit hat man dann direkt Anspruch auf Leistung der isl. Krankenversicherung, ist also durchgehend versichert. Ohne Vorlage des Formulars müsste man erst 6 Monate arbeiten, wenn ich das richtig in Erinnerung habe (bin mir aber nicht ganz sicher).

Monique
Benutzeravatar
Andi Schönberger
Herrscher des Nordmeeres
Beiträge: 756
Registriert: Di 3. Mai 2005, 18:44
Wohnort: Innsbruck

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von Andi Schönberger » Mi 5. Jan 2011, 18:33

Monique hat geschrieben:Wer in Deutschland über die Praxisgebühr stöhnt, ändert das, sobald er in Island zum Arzt geht ;)
Ganz kann ich das nicht unterschreiben :)

Hab da einmal ziemlich dringend professionelle Hilfe gebraucht um meine Lippe wieder zusammen zu nähen

1stens war ich überrascht dass in Olafsvik ein ziemlich vertrauensnwürdiges Krankenhaus plötzlich da war
2 tens die Wartezeit bis ich am "OP Tisch" gelegen bin ca 5 Minuten betrug. Weil sonst niemand da war :)
das ganze dann etwa 40,-- EUR gekostet hat und ziemlich viel Spass mit dem Onkel Doktor hatte

alles ziemlich unbürokratisch, schnell und professionell

Die Nähte in Rekjavik wieder entfernen zu lassen war da schon eher ein Spiessrutenlauf zwischen Krankenhäusern. Aber billig fand ichs dann mit 50,-- EUR trotzdem.

Die Krankenhäuser hatten eigentlich keine Ambullanz, ausser für Notfälle. War dann irgendwo bei einem normalen Arzt

LG Andi
Island Bildergallerie: http://www.andreas-schoenberger.at
Video Portal http://vimeo.com/user1390856/videos
_______________________________________________________________

* leave_the_track *
Benutzeravatar
mánaljós
Prophet des Dettifoss
Beiträge: 481
Registriert: Do 26. Jan 2006, 12:19
Wohnort: Berlin/Ísafjörður

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von mánaljós » Mi 5. Jan 2011, 19:34

Ich war bisher zweimal beim Dok auf Island, um meine Trekkingwunden versorgen zu lassen. Ich habe 2007 in Vík nur ISK 700 für den Arztbesuch bezahlt (kostenlos dazu gab es eine Wundpflegecreme) und 2008 in Húsavik ISK 1000, und alles war unbürokratisch. Einmal habe ich meine Europäische Versicherungskarte vorgelegt, und das andere Mal hatte ich gar nichts dabei, nicht mal einen Personalausweis. Alles kein Problem. Die Ausgabe von Medikamenten war wie im Bericht geschrieben - längere Wartezeit, beschriftete Papiertüte, übrigens ganz ähnlich wie in den USA. Habe ISK 1600 für Antibiotika bezahlt.
Der Bericht war auf jeden Fall sehr interessant zu lesen!
Benutzeravatar
lena
Weiser von Thule
Beiträge: 1270
Registriert: Fr 22. Apr 2005, 17:10

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von lena » Mi 5. Jan 2011, 19:34

Andi Schönberger hat geschrieben:Die Nähte in Rekjavik wieder entfernen zu lassen war da schon eher ein Spiessrutenlauf zwischen Krankenhäusern.
Das Landspítalinn ist ja über mehrere Standorte verteilt. Wo mußtest du zum Fädenziehen an der Lippe denn letztendlich hin? Fossvogur?
Besser wird das, wenn das - natürlich nicht unumstrittene - Bauprojekt "Nýr Landspítali" irgendwann umgesetzt ist. Man darf gespannt sein.
Michel
Foss-Anfänger
Beiträge: 6
Registriert: Do 10. Feb 2011, 17:06

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von Michel » Do 17. Feb 2011, 17:04

Es ist schon sehr interessant, was es für Unterschiede in den Gesundheitssystemen gibt... Wenn man mal Deutschland, USA und Island verlgeicht! Verrückt!
Die Seele baumeln lassen und schön im Norden feiern gehen - Island here we go!
Peturvilhjalmur
Prophet des Dettifoss
Beiträge: 328
Registriert: Fr 4. Feb 2011, 18:23

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von Peturvilhjalmur » Do 17. Feb 2011, 18:29

Es hat mich sehr gefreut, einen derartigen Einblick in einen Teil des isländischen Gesundheitssystems zu bekommen. Ich fand den Bericht sehr interessant, zumal ich auch schon 2x Siglufjördur einen Besuch abgestattet habe. Zum Glück brauchte ich bei meinen mittlerweile 10 Aufenthalten seit 1997 keinen Gebrauch vom isländischen Gesundheitswesen machen. Das östlichste Krankenhaus in Neskaupstadur habe ich zumindest von außen einmal besichtigen können. Wunderbare Lage, aber drin liegen möchte ich deswegen nicht.
Peturvilhjalmur
Jamie
Foss-Anfänger
Beiträge: 2
Registriert: Fr 28. Aug 2020, 08:56

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von Jamie » Fr 28. Aug 2020, 09:03

Hi mánaljós, weißt du zufällig noch wie der Arzt in Vik hieß? Der Beitrag ist zwar schon ein paar Jahre her, aber ich dachte ich versuche es mal.

Ich finde es allgemein sehr schwierig in Island Ärzte in kleineren Dörfern ausfindig zu machen. Ich war zwar schon mal in Vik, aber da habe ich noch keinen Gedanken dran verschwendet mal zu schauen wo dort ein Arzt verortet ist.

Allgemein geht es mir einfach um die Medikation die ich derzeit in Deutschland habe und die Frage, ob sich sowas problemlos in Island durch den Hausarzt weiterführen lässt. Wie ich weiß, ist ein Rezept für die Pille bspw vom Hausarzt ausstellbar. Was mich zu der Annahme bringt, dass man nicht für alles einen Facharzt benötigt? Eventuell kann mich da jemand aufklären.

Mich würde vor allem interessieren, wie es bspw bei Antidepressiva aussieht. Für Rezepte fast 200km nach Reykjavik zu fahren, wäre ja schon etwas heftig. Bin gespannt auf eure Erfahrungen :)
Benutzeravatar
Soulfari
Prophet des Dettifoss
Beiträge: 317
Registriert: Mo 1. Apr 2019, 17:06
Wohnort: Akureyri

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von Soulfari » Fr 28. Aug 2020, 11:41

Homöopathie und alternative Heilmethoden haben leider immer noch kaum Eingang in das isländische Gesundheitssystem gefunden. In Akureyri hat genau 1 Apotheke überhaupt Homöopathika, und davon nur die gängigsten in D30 :roll:
Andere Naturheilmittel/Nahrungsergänzungsmittel gibt es häufig bei Heilpraktikerinnen (heilsumeistari) in Form von amerikanischem Schneeballverkaufssystem :roll: :roll:

Vor 3 Jahren war die Gebühr für Arztbesuch 1200 ikr, habe die Preisentwicklung seither nicht weiter verfolgen müssen.

Auch die Krankenhäuser sparen zunehmend. 2015/16 bekam ich bei einer Reihe heikler Injektionen nach jeder Spritze noch einen Kaffee + Kleina. Seit Ende 2017 nix mehr.

Interessant auch die Kosten für Krankenhaus(not)behandlung. Wird man ambulant behandelt und wieder heimgeschickt, zahlt man volle Kanne (z.B. über 9000 ikr für Blasenentzündung: Urinprobe und Rezept für Antibiotikum). Wird man über Nacht drinbehalten, zahlt die Krankenversicherung voll.


Und ganz schlimm finde ich, dass man (außerhalb der Hauptstadt) keine Akutbehandlung bei Zahnschmerzen bekommt, Dadurch habe ich gerade einen Zahn verloren, der ohne unnötige monatelange Warterei auf einen Termin noch zu retten gewesen wäre :twisted:
Benutzeravatar
Soulfari
Prophet des Dettifoss
Beiträge: 317
Registriert: Mo 1. Apr 2019, 17:06
Wohnort: Akureyri

Re: Kleiner Einblick ins Gesundheitssystem

Beitrag von Soulfari » Fr 28. Aug 2020, 11:46

Jamie hat geschrieben:
Fr 28. Aug 2020, 09:03

Allgemein geht es mir einfach um die Medikation die ich derzeit in Deutschland habe und die Frage, ob sich sowas problemlos in Island durch den Hausarzt weiterführen lässt. Wie ich weiß, ist ein Rezept für die Pille bspw vom Hausarzt ausstellbar. Was mich zu der Annahme bringt, dass man nicht für alles einen Facharzt benötigt? Eventuell kann mich da jemand aufklären.

Mich würde vor allem interessieren, wie es bspw bei Antidepressiva aussieht. Für Rezepte fast 200km nach Reykjavik zu fahren, wäre ja schon etwas heftig. Bin gespannt auf eure Erfahrungen :)
Meinst du jetzt eine Verordnung von deinem deutschen Hausarzt, die für den Urlaubsaufenthalt gilt? Oder bist du länger hier, im isländischen System und brauchst Medikamente von einem isländischen Hausarzt?

Manche Rezepte für Dauermedikation stellt erstmalig der Arzt aus, werden dann aber auch von der "Krankenschwester" (hjúkrunarfræðingur) verlängert - zumindest sofern man krankheitsbedingt vom Pflegedienst versorgt wird.
Wenn du Medikkamente wie z.B. Insulin oder Steroide für deinen Aufenthalt brauchst, kannst du die auch von D mit Bestätigung von deinem deutschen Arzt mitbringen.
Zuletzt geändert von Soulfari am Fr 28. Aug 2020, 11:53, insgesamt 1-mal geändert.

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: ClaudeBot [Bot] und 1 Gast