Hallo
Christian hat einen sehr guten Punkt genannt: "Goldrauschstimmung".
Es ist verhext. Da wird jahrelang diskutiert ob Island statt durch Aluminiumwerke bzw. "Die billigsten Energiepreise der Welt" (Slogan einer Werbebroschuere von frueher) mittels Tourismus sein Auskommen verdienen koennte und es wurde immer verneint bzw. sehr laut spoettisch gelacht. Island brauchte "echte" Jobs in der Schwerindustrie. Nun stellt der Tourismus allen Ernstes die Aluminiumwirtschaft als Wirtschaftszweig in den Schatten und nimmt den Fischfang (Nummer eins) als naechstes Ziel ins Visir. Das kann allerdings noch etwas dauern.
Sollte man sich darueber nicht freuen? Wirft Island jetzt alle Kraftwerksplaene in den Muelleimer und setzt auf Tourismus? Aeh...nein. Das sei vereinbar. Und ausserdem soll man ja nicht alles auf eine Karte setzen, nicht? (Komischerweise versorgt das gigantische Kraftwerk Kárahnjúkar genau
eine einzige Karte, naemlich das Alcoa Aluminiumwerk in Reydarfjörður).
Und der Tourismus? Da wird inzwischen der Teufel (Kraftwerksbau im Hochland) mit dem Beelzebub (Massentourismus im Hochland) ausgetrieben.
Und uebrigens verhaelt sich die Stadt Reykjavík bezueglich der Touristen so, als ob man in Neuschwanstein beschliessen wuerde die Ecktuerme abzureissen und Hotels zu bauen, weil doch so viele Leute Neuschwanstein besichtigen wollen.
Goldrausch. Und es fehlt ein Wort: Nachhaltigkeit.
Kann man genuegend Beispiele in der Geschichte finden:
Nachhaltige Forstwirtschaft in der Wikingerzeit - Superflop. Immerhin waren sie so nett und haben die Name beibehalten. Skógarfoss - Waldwasserfall.
Nachaltiger Heringsfang: Flop (das Siglufjörður Museum stellt dieses Thema hervorragend dar)
Nachhaltiger Walfang: Flop. Der Blauwal und der Finnwal waeren beinahe ausgerottet.
Alles Historie - die Leute wussten es halt nicht besser (oder wollten es nicht wissen). Ausserdem litten sie unter Hunger. Und jetzt?
Nachhaltige Energiegewinnung: Flop. Die Gletscherstauseen versanden und sind in schlimmsten Falle so in 50, im besten Falle in 120 Jahren unbrauchbar.
Die geothermale Energie benoetigt bei der derzeitigen Art und Weise der Energiegewinnung pro Jahr neue "Felder" - es wird zuviel Energie abgezogen.
Nachhaltige Finanzwirtschaft. Megaflop. Auch Kreppa genannt. Wobei ein beeindruckender Anteil von Islaendern bis heute daran glaubt, die Kreppa waere nicht vermeidbar gewesen.
Nachhaltiger Tourismus: Flop. Auch "inspired by Iceland" genannt. Die Grundidee ist wohl die Touristen zu unmoeglichen Zeiten an unmoegliche Orte in Island zu bugsieren und zugleich die Kostenfaktoren (Naturschutz, Sanierungen, Sperrungen, Parkverwaltungen) zu ignorieren oder gar zu drosseln. Perfekte Gewinnmaximierung. Man fragt sich wie lange die Touristen den Slogan "Unberuehrte Wildnis" noch abkaufen werden.
Und der Fischfang? Ist der wenigsten nachhaltig? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Makrelenkrieg
Waere Island ein Haus, so waere es so als ob der Hausbesitzer durchgeknallt ist. Er erweitert es aber dichtet das Dach nicht ab. Er streicht es nicht. Er tut nichts gegen die Holzwuermer. Er feiert aber froehliche Parties. Wenn dann ein Mensch ihn fragt ob er jemals was von "Nachhaltigkeit" gehoert haette, so lallt er "Nachhaltigkeit?! Was meinst Du? Steht das Haus oder steht es nicht?"
viele Gruesse
Leon