Hochlandtraverse im Juni ./. Myvatn-Porsmörk erfolgreich

Erfahrungsaustausch mal ausführlich.
PolarpicsHH
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Re: Hochlandtraverse im Juni ./. Myvatn-Porsmörk erfolgreich

Beitrag von PolarpicsHH » Mi 18. Jul 2012, 00:46

Tag 5. ( 05.06.12 ).

Der Wecker klingelt um 6.30 Uhr und ich quäle mich aus dem Schlasa. Es ist kalt in der Hütte. Das ist das erste was mir sofort auffällt.

Ich ziehe die Vorhänge der Fenster zurück und blicke nach draußen.

Diffuses Licht, dicke graue Wolkenschleier, von einzelnen Sonnenstrahlen durchbrochen..............UND SCHNEE / SCHNEEREGEN.........das Gelände um die Hütte wirkt wie mit feinem Puderzucker bestäubt.

ES IST ECHT NICHT ZU FASSEN. Ich ziehe mir meine dicke Wintersoftshellklamotten an ( in den ich vorgestern noch wie ein Berserker geschwitzt hatte ) und gehe vor die Tür. Ein kalter wind pfeift mir um die Nase. PROST MALZEIT.........heute steht die erste richtig richtig lange Etappe an und gleich zu Beginn das Lavafeld der Frambruni.

Egal........ich spreche mir Mut zu und vor allem die Gewichtsreduzierung wirkt Wunder ( auch psychologisch ). Obwohl im Endeffekt nur 3-4kg leichter ( da jetzt 4L Wasser an Bord ) ist das Tragegefühl nicht wieder zu erkennen. Welten Unterschied.

Als alles gepackt und vorbereitet ist, hole ich die Fahne am Mast ein ( die ich zwei Tage zuvor gehisst hatte ) und verschließe Botni gewissenhaft.

Rucksack geschultert und loß geht`s. Ich folge der Regulären Piste noch ca. 1km und habe dabei der GPS aber schon in Betrieb.
Für die Überquerung hatte ich zwei Navipunkte eingespeichert. Den ersten auf der anderen Seite der Frambruni und den nächsten ca. 6km weiter südlich in Richtung F910.

Ich besteige den Rand des Feldes und blicke nach Westen. Durch die Wolkenfetzen kann ich zeitweise die Hochebene der Hafurstadaheidi und Ihre Schneefelder erkennen.

ICH SPRECHE MIR MUT ZU UND WAGE ES.
Es geht ständig im Zickzack Kurs auf und ab, rechts und links. Alle 10 Min muß ich das GPS zu rate ziehen, um wieder auf Kurs zu kommen. Sich einen markannten Punkt am Horizont zu suchen und auf den zuzuhalten klappt auch nur bedingt, das sich diese Lavazacken alle einfach zu ähnlich sehen.

Ich halte mich für einen Menschen mit gutem Orientierungssinn, aber wie schnell man hier von der eingeschlagenen Richtung abkommt ist echt irre. Mein teurer Marschkompass ist auch viel zu unzuverlässig aufgrund der Störungen durch die Lava. Einmal die Marschzahl ermitteln und dann danach laufen funktioniert jedenfalls nicht. Aber damit hatte ich auch gerechnet. Daher habe ich auch ausreichend Ersatzbatterien für das GPS dabei.

Ich schwitze trotz der Temps und des Schneeregends, ziehe mein Polartec Hemd aus und laufe nur im U-Hemd + Softshelljacke, bei der ich alle Belüftungs- RV`s weit offen habe.

Nach gut 4km erreiche ich endlich den NAVIPUNKT der laut der Karte aufer der anderen Seite der des Lavafeldes liegt.
Es gibt nur ein ganz kleines Problem dabei.............ich stehe auf der nächstgelegenen Anhöhe und soweit das Auge reicht ( bei dem Wetter jedenfalls ) nichts als LAVAFELDER..........SCHEEEEIIII????????EEEEE.... :mrgreen:

Das gibt doch gar nicht. Bei der Festlegung der GPS Punkte und auf google Maps, lag dieser ordentlich außerhalb der Lavafelder. Und Landsbjörg ( bzw. mein Kumpel hatte alle Punkte mit der Navi-Software von Landsbjörg ) auf Richtigkeit gecheckt.
Ich ziehe meine Karte zu rate........das Ergebniss ist das gleiche, ich müßte eigentlich auf der anderen Seite stehen.

TUE ICH ABER NICHT.......!?!?

Es schneit lustig weiter.

Ich setzte mich und nehme einen ordentlichen Schluck aus meiner Wasserbuddel und esse auf den Schreck gleich zwei Energyriegel auf einmal. Die Wolken reisen auf und ich kann die Hochheide wieder sehen.........ist immer noch verdammt weit weg.
Wieder Blick auf die Karte........soll jetzt wie geplant gleich nach Süden "abbiegen"..........dann würde das aber meinen Weg über dieses elende Lavafeld auf unbekannte Streckde verlängern; oder soll ich mich eher etwas mehr Richtung Norden also in die entgegengesetzte Richtung halten um so vermeindlich auf kurzestem Weg die Lava hinter mir zu lassen, auch wenn ich dabei in die falsche Richtung laufe ?

Ich gebe zur Überprüfung meinen zweiten GPS Punkte für den heutigen Tag ein..........das etrex rechnet kurz........"12km bis Ziel" !!! LUFTLINIE WOHLGEMERKT.

Ich behalte die se Koordinaten und folge dem Pfeil des etrex. Es ist zeitweise ziemlich steil und jeder Tritt mit Zuhilfenahme der Stöcke ist ansträngend und geht auf die Gelenke.

Ich versuche am Horizont immer einen geeigneten Hilfspunkt im Auge zu behalten, ist dieser erreicht suche ich mir einen neuen.

Plötzlich läuft das Lavafeld auf nur 200-300 Metern flach aus.......wie eine Welle am Strand........ und ich bin echt auf der anderen Seite der Frambruni......... :mrgreen:

Ich stehe dann und mich überkommt ein überwältigendes Gefühl. ICH FREUE MICH WIE EIN SCHNEEKÖNIG UND GRÖLE VOR MICH HIN. Der ein oder andere Luftsprung war wohl auch noch dabei.

Nach dem ich mich wieder beruhigt habe, gebe ich die GPS Koordinaten von Botni ein. Das etrex zeigt knapp über 5km Luftline an. Meine Uhr dagegen fast 12:00 Uhr Mittags. Da ich um 08:00 Botni verlassen hatte, habe ich für poplige 5km fast 4h gebraucht.
NA SAUBER.

Jetzt da ich wieder vernünftigen Boden unter den Füßen habe, wird der Rest ein Klacks.........wenn auch ein langer.

Habe ich übrigens schon erwähnt, das es immer noch schneit.....?

Ich quere die nächste Furt und erklimmt voller Elan die erste Anhöhe der Hafursstadaheidi. Dabei merke ich das mir jetzt der Wind wieder ordentlich ins Gesicht bläßt. Das war in dem verwinkelten Lavafeld überhaupt nicht der Fall.......ist mir aber nicht aufgefallen.

Ich suche in einer Erdvertiefung Schutz, setzte den Rucksack ab und hole mein iphone raus. SMS`s an Maddi das ich die Frambruni gepackt habe und mich jetzt planmäßig zur F910 aufmachen werde. Fülle meine Trinkflasche auf und lasse bei der Gelgenheit von den verbliebenen 2L in der Platypus 1L in den Sand laufen. Maddi meldet sich mit einem "Well done" und bevor ich mein Telefon mit stolzgeschelter Brust wieder ausmachen kann, klingelt es plötzlich..........!!!!

Mein Kumpel Olli aus Hamburg ist drann um mir irgendwelche Banalitäten zu erzählen. Ich würge ihn wüst ab.........." SORRY KANN GERADE NICHT.....STECKE IM SCHNEEGESTÖBER FEST.......UND HABE GERADE GANZ ANDERE SORGEN als Deine privaten Probleme.......zudem muß ich Akku sparen.......ich bin übrigends gerade auf Island...........lege ohne ein weitere Wort auf und knippse der Gerät aus.............

Total surreal..........ich schwitze, friere und mir fleigt der Schnee um die Ohren und der will mir Probleme mit seiner Freundin erläutern...........LEUTE GIBTS....... :D :mrgreen: :D

Die nächsten 4-5 Stunden komme ich richtig gut vorran. Das Laufen auf diesem festen Grund ist ein echtes Vergnügen. Zudem hat es hier viele kleine und größer Täler mit sehr vielen Wasserläufen. Hier hat es zudem viele Wasservögel die ich ( Sorry war nicht beabsichtigt ) bei Ihrem Brutgeschäft störe und die zum Teil wild davon fliegen.

Alleine an diesem Tag habe ich ca. 15-20 Furten zu bewaltigen ( zugegeben zumeist kleinere ) ........durch alle komme ich dank meiner hohen Stiefel trockenen Fußes und ohne den Zeitverlust des ständigen Schuhwechsels.

Das ist richtig schön hier.......ich sehe viele wunderbare Stellen, an denen sich unter normalen Bedingungen direkt an schönen Bächen toll campieren ließe. Zeitweise hat es mit dem Niederschlag aufgehört.........aber der Wind bläßt echt ordentlich aus Norden. Während einer Pause habe ich einen tollen Blick auf das Dyngjufjöll ( Askja ) welche noch komplett bis weit in die Ebene in Schnee gehüllt ist. Jetzt dort über den Pass........wäre sicherlich auch kein Zuckerschlecken.............da liebe ich mir doch hier meine "Hochheide".............denkste.. :?

So gegen 18:00 Uhr passiere ich den GPS Punkt 3 an diesem Tag. Meine Suunto zeigt mir mittlerweile eine Höhe von knapp 800m NN an. Es ist wieder diesig geworden. Der Wind nimmt weiter an Stärke zu. Ich passiere den ein oder andere kleinen See......alle gefroren. Zum wieder einsetzenden Schnee gesellt sich nun auch noch leichter Hagel. Das Licht wird immer diffuser und laut GPS sinds bis zum Ziel immer noch gute 13km.

Pausen mache ich jetzt nur noch ganz kurze........max 5min alle Stunde. Powerbars gibts nur noch während des marschierens.
Der Wind nimmt noch weiter zu. So allmählich haben ich Waschküchenwetter. Sicht ca. 400-max. 500 Meter. Laufe ich auf der Anhöhe stehe ich voll im Wind.........laufe ich Hangseitwärts.....bin ich etwas geschützter, aber eigentlich auch nicht wirklich.......den der Wind kommt zumeist von hinten.........er schiebt also. Wenigstens etwas.

20:00 Uhr.........jetzt ist alles weiß.........grauer Sand, Lava oder Moose sind nicht mehr zu erkennen. Der Schnee und Hagel fallen nicht mehr vom Himmel, sondern überholen mich rechts und links vom Wind getrieben. Wie ein Sandgebläse fliegt der Hagel über die Ebene und macht dabei auch ein komischer Geräusch...........aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.

Das licht ist mittlerweile derart grau diffus, das ich nicht mehr in der Lage wäre zu sagen woher die polare Sonne scheint. Sichtweite max 200m. Ich habe mittlerweile meine komplette Softshell + GoreTex Montur an incl. dicker Handschuhe. Stormblocker Mütze unter der Jackenkaputze.

Noch gute 6km bis zum Ziel. Jetzt geht es rauf und runter.......erste neue Lavafelder zeigen mir, das ich nicht mehr weit von der F910 entfernt sein kann. Die Füße tun mir weh..........aber komischerweise empfinde ich diese gesamte Situation nicht als einschüchternd oder gar bedrohlich. Ganz im Gegenteil..........ich pusche mich sogar noch............" DU LÄUFST GEFÄLLIGST SOLANGE BIS DU DIE F910 ERREICHT HAST..........UND WENN ES BIS MITTERNACHT DAUERT.......SCH**ß EGAL !.......Move your ass....man..... :mrgreen:

Noch ein kleiner See..... ich versuche sein Ufer zu erkennen um nicht leichtsinnig aufs Eis zu geraten und nachher noch einzubrechen.

NOCH 900m laut GPS..........der Wind .......nein eigentlich ist das schon kurz vor Sturm.........pfeift und alle paar Minuten fliegt jetzt plötzlich immer ein richtig großer "Flacken Schnee" aus dem Nichts kommend an mir vorbei um vor meinen Füßen zu landen........!

Ich Frage mich wo der zum Teufel herkommt........bis ich zur Kontrolle mal übermich nach hinten greife......sofort kommt der nächste Schneebrocken. Durch den starken Wind sammelt sich wohl auf der vertikalen Seite meines großen Rucksacks derart viel Schnee an, bis dieser dann wieder in großen Brocken weggepustet wird.

Plotzlich sehe ich vor mir den kleinen See in einem Talkessel ca. 2km nördlich des Berges Prihyrningur Dieser war bereits auf Höhe des Sellandafjell gut zu erkennen. Jetzt da ich Direkt mit der Nase draufstoße ist er noch nicht einmal schemenhaft zu erkennen. Direkt vor mir die kaum zu erkennende Piste der F910 Gesavötnaleid nydri mit ihren obligatorischen gelben Holzpfosten.

Einfach nur zwei Reifenspuren........trotzdem nach heiß ersehnte Ziel.
Es ist genau 21:30 Uhr der Wind & Schnee pfeift mir um die Ohren. Ich finde einen etwas windgeschutzten Platz 3 Meter neben der Piste und baue so schnee ich es vermag mein Zelt auf. Verankere es zum erstenmal mit allen Heringen und ziehe zudem noch jede Menge Steine aus dem Schnee hervor zu weiteren Absicherung. Rucksack ins Zelt. Schlafsack raus und Matte aufgeblasen. Ein Bach fließt ca. 50m neben meinem Platz laut gurgelnd dahin. Aber mir reicht für heute Abend noch das Wasser in meinem Wassersack.

Mein MSR Reactor verrichtet bei dem Wetter vor dem Zelt allerbeste Dienste und so habe ich schon Minuten apäter heißen Tee.

Aus dem Zelt heraus bekomme ich kein Netz fürs iphone..........ich habe jetzt auch keine Lust mehr wieder raus auf den nächsten Hügel zukraxeln. Der Hagel trommelt auf Zelt. Ich liege bis zum halb in meinem dicken GoreTex Daunen-Schlasa und übertöne mit meinem kleinen ipod mit den Simple Minds und Talk Talk das Ungemach außerhalb meines Zeltes.

Ich nehme mir die Karte und einen Kartenentfernungsmesser ( ca.35km .....realistisch durch den Zickzack im Lavafeld und auf der Hochheide wohl eher 37-38km in 13,5h Marsch.............NICHT SCHLECHT HER SPECHT...... :mrgreen: :D :mrgreen:

Ich glaube kaltes Wetter liegt mehr als 20 C und Sonnenschein ! ! !
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Re: Hochlandtraverse im Juni ./. Myvatn-Porsmörk erfolgreich

Beitrag von Chevyartictruck » Mi 18. Jul 2012, 07:38

Hyhy

ich hab es ja gleich zu Anfang geschrieben, nichts dazu zu schreiben :mrgreen:
Jetzt hat PPHH ja Antwort gegeben und ich habe es auch kapiert warum, wieso usw........und lese weiter, anders hätte ich vllt. gedacht was`n das für einer und hätte nicht mehr weiter gelesen.....das ist bestimmt auch nicht in PPHH Sinne oder?
Außerdem ist es immer schwer wenn man sich nicht gegenüber sitzt und Fragen hat, diese durch ein Forum richtig rüberzubringen.

Da ich diese Strecke wie meine Hosentasche kenne (mind 6X befahren) und ich auch schon mal 2006 im Mai dort unterwegs war, auch mit Schnee aber bei blauem Himmel und in der warmen Karre, kann ich mir vorstellen was PPHH geleistet hat. Außerdem muss man den Hut ziehen das er seinen eigenen Weg gegangen ist, ich hätte wahrscheinlich eher den westlichen Weg genommen.

ABER jetzt gibts denoch einen Anschiss
hole ich die Fahne am Mast ein ( die ich zwei Tage zuvor gehisst hatte ) und verschließe Botni gewissenhaft.
Das geht gar nicht die Isländische Fahne muss nach Sonnenuntergang eingeholt werden das ist Gesetz, sonst gibt`s Rüffel von den Isländern :twisted: :mrgreen: :lol:

Freue mich auf die weiteren Etappen ;)

Gruß Chevy
wer immer nur brav ist, wird nie erwachsen!
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Re: Hochlandtraverse im Juni ./. Myvatn-Porsmörk erfolgreich

Beitrag von PolarpicsHH » So 5. Mai 2013, 17:54

Hi Chevy,

was die Fahne anbetrifft; dann habe ich ja doch richtig gehandelt, das ich sie die ganze Zeit habe oben am Mast wehen lassen......... den im Juni geht die Sonne ja bekanntlich am Polarkreis nicht unter des Abends....... sowas nennt sich dann "MITTERNACHTSSONNE"... :lol: :mrgreen: :lol: :mrgreen: :lol:

Greets

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Re: Hochlandtraverse im Juni ./. Myvatn-Porsmörk erfolgreich

Beitrag von Dieter » Mi 8. Mai 2013, 17:42

Hallo,

Chevy schrieb:
Das Rucksackgewicht von 35kg :?: Ist für mich mit dieser Streckentageslänge ,die du ja selbst anstrebst, nicht nachvollziehbar
Ooooch, gerade auf die Länge gemessen und unter Berücksichtigung, dass es im Juni noch keine Depotmöglichkeiten gibt, wären 35 kg für mich auch realistisch gewesen. Finde es aber netter mit max. 30 kg unterwegs zu sein. Und dann auch, wenn möglich, nicht mehr als 20 km/d und viele Ruhetage zum "in die Landschaft hocken".

Auf jeden Fall: super Bericht! Warte auf Fortsetzung.

Dieter
http://www.isafold.de
Wanderungen über das Hochland Islands

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