Aus dem Tagebuch eines Hüttenwartes
Danke für diesen und die anderen Beiträge Kerstin!
Du sprichst mir aus der Seele.
Alles Gute für diesen Sommer,
Dieter
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Dieter
http://www.isafold.de
Wanderungen über das Hochland Islands
Wanderungen über das Hochland Islands
Re: Samstag, 02. Februar 2008
Danke für den Link! Das Video hat mir gut gefallen .Kerstin hat geschrieben:Hier der Link:
Icelanders' love of crazy trucks hits deep freeze
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- Herrscher des Nordmeeres
- Beiträge: 852
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Tja, das Zusammentreffen von Diesel und Testosteron führt nicht nur in Island zu denkwürdigen Ergebnissen.
Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Mentalität der isl. Superjeepfahrer wirklich so deutlich von der anderer Nationen unterscheidet. Ich sehe den Unterschied eher in den Zulassungsbehörden. Ein deutscher TÜVler würde beim dem Ansinnen einen isl. Superjeep mit einer Strassenzulassung zu versehen eher Herzinfarkt gefährdet sein.
Die Mehrheit der Isländer/innen hat (vermutlich aufgrund von Geschichte, Klima und Besiedlungsdichte) wohl ein anderes Verständnis von Natur als die Mehrheit der Deutschen. Ansatzweise iin ähnliche Richtung st ein anderes Verständnis / ein anderer Umgang aber auch bei den "Festlandsskandinaviern" zu erkennen.
Bei allem Respekt vor Deinen Positionen Kerstin, die ich an vielen Punkten teile, und dem für mich gut nachvollziehbarem Ärgern (auch wenn er in Deinen Beiträgen in charmanterer / lustigerer Form benannt wird, als ich das könnte) sollte uns nach meiner Meinung jedenfalls eins bewusst sein: Wir haben keinen Grund in Sachen Umweltschutz mit dem Finger auf Island zu zeigen.
Sicherlich: Auch in D wird Einiges gemacht. Aber ob das Verhältnis der Mehrheit der Deutschen zur Natur jenseits der Trauer nach Orkanschäden im Wald wirklich viel besser ist, bezweifele ich stark. Wenn ich z.B. in die Mittelgebirge oder die Alpen schaue, was dort für den Tourismus oder die "Infrastruktur" abgeholzt und versiegelt wird, ohne dass es echten Widerstand ausser durch die üblichen Verdächtigen gibt, dann ärgere ich mich hier mind. genauso.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich halte es nicht für falsch, dass auch wir als Ausländer bzw. Gäste unsere Sachkritik an einzelnen Entscheidungen und Verhaltensweisen äussern. Aber wenn in Diskussionen dann der moralische Zeigefinger erhoben wird, bekomme ich persönlich arge Bauchschmerzen.
Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Mentalität der isl. Superjeepfahrer wirklich so deutlich von der anderer Nationen unterscheidet. Ich sehe den Unterschied eher in den Zulassungsbehörden. Ein deutscher TÜVler würde beim dem Ansinnen einen isl. Superjeep mit einer Strassenzulassung zu versehen eher Herzinfarkt gefährdet sein.
Die Mehrheit der Isländer/innen hat (vermutlich aufgrund von Geschichte, Klima und Besiedlungsdichte) wohl ein anderes Verständnis von Natur als die Mehrheit der Deutschen. Ansatzweise iin ähnliche Richtung st ein anderes Verständnis / ein anderer Umgang aber auch bei den "Festlandsskandinaviern" zu erkennen.
Bei allem Respekt vor Deinen Positionen Kerstin, die ich an vielen Punkten teile, und dem für mich gut nachvollziehbarem Ärgern (auch wenn er in Deinen Beiträgen in charmanterer / lustigerer Form benannt wird, als ich das könnte) sollte uns nach meiner Meinung jedenfalls eins bewusst sein: Wir haben keinen Grund in Sachen Umweltschutz mit dem Finger auf Island zu zeigen.
Sicherlich: Auch in D wird Einiges gemacht. Aber ob das Verhältnis der Mehrheit der Deutschen zur Natur jenseits der Trauer nach Orkanschäden im Wald wirklich viel besser ist, bezweifele ich stark. Wenn ich z.B. in die Mittelgebirge oder die Alpen schaue, was dort für den Tourismus oder die "Infrastruktur" abgeholzt und versiegelt wird, ohne dass es echten Widerstand ausser durch die üblichen Verdächtigen gibt, dann ärgere ich mich hier mind. genauso.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich halte es nicht für falsch, dass auch wir als Ausländer bzw. Gäste unsere Sachkritik an einzelnen Entscheidungen und Verhaltensweisen äussern. Aber wenn in Diskussionen dann der moralische Zeigefinger erhoben wird, bekomme ich persönlich arge Bauchschmerzen.
Freitag, 08. Februar 2008
Freitag, 08. Februar 2008
Eine ruhige Einstandswoche, oder: Routine im Schnee
Acht Tage bin ich nun schon hier, und noch immer bin ich sprachlos ob dieser anderen Welt, in die das winterliche Landmannalaugar sich verwandelt hat! Die Gegend hier ist unter dem ganzen Schnee kaum wiederzuerkennen! Die Farben Landmannalaugars sind verschwunden, vertraut sind einzig und allein die Umrisse der Berge! Diese vertraute, fremde Landschaft ist unwirklich schön!
Der Schnee, der im Oktober fehlte, ist jetzt zusätzlich gefallen. Laut Einar, der die Gegend schon vor 50 Jahren bereist hat, ist der momentane Zustand nichts Besonderes. Laut jüngerer Isländer aber lag seit dem Winter 1999/2000 nicht mehr so viel Schnee, wie momentan. Es schneit beinahe täglich, die Schneewehen, welche sich um die Hütten herum auftürmen, reichen bis zum Dach hinauf. Um die Hütten herum hat der Wind zum Glück Freiräume geschaffen, da liegen nur so ein bis zwei Meter Schnee. Aber ringsumher reden wir von drei bis fünf Meter hohen Schneewehen.
Die heißen Quellen unmittelbar am Lavafeld sind schneefrei; an den Ränder sprießt sogar grünes Gras, und im Wasser selber wächst ein Dschungel aus Algen. Das Wasser ist erstaunlicherweise wärmer als im Sommer, was sich aber ganz logisch erklärt: der Bach führt viel weniger Grund- und Schmelzwasser (bei den Temperaturen sammelt sich der Niederschlag als Schnee und schmilzt nicht), deshalb ist der Heißwasseranteil im Bach höher. Schon an der Treppe dürfte das Wasser 37°C betragen; unten am Damm ist es so heiß, dass man es dort nicht aushält. Wirklich erstaunlich, diese Kontraste: ringsumher Schnee und Lufttemperaturen von weniger als -5°C, und im Wasser wird man teilweise weichgekocht...
Entfernt man sich nur 5 Meter vom Bach, steht man schon in knietiefem Schnee, der mit Entfernung zum Lavafeld immer tiefer wird. Der Wall, der den Fluss begrenzt, ist unter einer mindestens vier Meter dicken Schneedecke verschwunden, ebenso wie der Müllcontainer: von den Hütten an erstreckt sich bis zu den Bergen eine einzige glatte, weiße Wüste. Das Lavafeld ist ein steiler Schneeberg, aus dem nur die höchsten Lavakronen ragen. Auch ansonsten liegt eigentlich überall Tiefschnee - nur auf steilen Rhyolitbergen nicht, denn auf dem abschüssigen Geröll kann sich keine dicke Schneedecke halten.
Der Gletscherfluss Jökulgilskvisl, der im Sommer gerne 15m breit ist und reißend sein kann, führt kaum Wasser und ist ein knöcheltiefes Rinnsal. Kleinere Bäche und Flusszuläufe sind gänzlich unter dem Schnee verschwunden - nur der warme Bach, der von den Quellen kommt, hat sich seinen Weg durch den Schnee geschmolzen und vereinigt sich erst mehrere Kilometer weiter unten im Tal mit dem Jökulgilskvisl.
Die vergangenen Tage waren sehr ruhig. Einar kam, brachte meine Kisten und Kartons an Gepäck und Lebensmitteln mit, was mich sehr beruhigt hat. Jetzt kann geschehen, was will, jetzt kann ich meinetwegen auf Wochen eingeschneit werden - verhungern werde ich jedenfalls nicht!
Zusammen mit dem vierköpfiges Team aus Klempnern und Mechanikern hat Einar die Hütte winterfest gemacht. In alle Wasserleitungen wurden Heizkabel gelegt, damit ich sie auftauen kann wenn sie einfrieren; die Hütte erhielt sogar einen neuen Wasseranschluss, der weniger anfällig für Kälte sein soll.
Das Hüttenwarthaus hat zu meiner übergroßen Erleichterung eine neue Tür erhalten und ist nun beheizt. Der Stromgenerator, der über den Winter im Toilettenhaus untergebracht ist, ist nun angeschlossen und aufgetankt.
Da wir im Winter den Wassertank nicht nutzen können (das gefrierende Wasser würde ihn sprengen), bin ich von einer strombetriebenen Pumpe abhängig, um den Druck des Wassersystems aufrechtzuerhalten. Wir verfügen also zum ersten Mal im Winter über fließend Wasser - und das wiederum bedeutet, dass auch ein Teil des Toilettenhauses nutzbar ist, solange der Generator läuft. Zwei Toiletten und zwei Duschen habe ich geöffnet, der Rest des Hauses ist eine einzige Abstellkammer. Dort steht alles, was den Winter nicht draußen verbringen sollte; unter anderem die abmontierten Schilder, Gasflaschen und Diesel in großen Kanistern, mit denen ich den Generator auftanke.
Als Einar und seine Handwerker vor einer Woche wieder verschwanden, blieb ich alleine zurück und habe erst einmal ein paar Tage am Stück nur geputzt, entstaubt und Schnee geschaufelt. Die Hütte, Toiletten und Plumpsklo blitzen und blinken, und ich komme allmählich hinein in die winterliche Routine. Und die sieht folgendermaßen aus.
Um acht Uhr klingelt der Wecker. Der wird erst einmal an die Wand gepfeffert, bis mich um neun Uhr das schlechte Gewissen packt und ich aufstehe. Dann, kurz vor Sonnenaufgang, klettere ich in meinen Schneeanzug und dann hinaus zum einzigen Fenster, das sich auf normale Art öffnen lässt. Danach bin ich ein paar Minuten damit beschäftigt, die Eingangstür des Hüttenwarthauses freizuschaufeln, vor der sich morgens meist ein halber Meter Schnee befindet, gerne auch mehr. Die Prozedur wiederhole ich vorm Plumpsklo und der Hütte garselbst, bevor ich mich dann auch noch ins Toilettenhaus hineingrabe. Dort drinnen steht jetzt im Winter der Dieselgenerator, der nach viel gutem Zureden meist auch irgendwann anspringt. Dann habe ich Strom und stapfe durch den Tiefschnee die zweihundert Meter bis zum Pferdestall. Dort nämlich befindet sich das Telefon, das ich jeden Morgen einschalten muss und das eigentlich nur dann funktioniert, wenn der Generator läuft.
Der Pferdestall ist so eine halbe Blechdose wie man sie in der DDR so oft sah, und er ist komplett zugeschneit. Unmittelbar unter dem Dach gibt es ein offenes Fenster, das grabe ich mir immer frei, dann zwänge ich mich ins Haus, taste nach dem Telefon (das praktischerweise unter der Decke angebracht ist; ich bin also nicht der erste, der durchs Dachfenster in diese komplett mit Schnee gefüllte Blechdose einsteigt), und schalte es an. Und dann geht es endlich zurück zur Hütte.
Die Uhr zeigt normalerweise nach 10Uhr an, wenn ich endlich frühstücke und einen Kessel Heißwasser aufsetze. Das brauche ich, um den Abfluss der Waschbecken aufzutauen, der immer wieder einfriert. Und wenn das getan ist, lasse ich das Wasser laufen, bis es heiß aus den Leitungen kommt, und mache den Abwasch des Vortages.
Wenn dies alles getan ist, läuft der Generator bereits seit einer Stunde und sind die Batterien des Telefons so weit geladen, dass ich ein Gespräch führen kann: und zwar mit dem Büro des FÍ, die mir die Buchungen durchgeben und mich über sonstige Dinge und Pläne informieren. So habe ich dann etwa alle zwei Tage einmal Kontakt mit Menschen, die ich kenne, was dann auch mal ganz nett ist. Danach heißt es dann, den Generator wieder auszuschalten. Wenn ich alleine bin, dann versuche ich, die Laufzeit des stinkenden Krachmachers unter zwei Stunden täglich zu halten. Ich muss noch herausfinden, wie lange der Stromerzeuger eigentlich laufen muss, damit alle Batterien ordentlich geladen sind. Nicht nur das Telefon sollte einsatzbereit sein, sondern auch und vor allem das Funkgerät. Dessen Batterie MUSS immer und jederzeit maximal geladen sein. Wir haben zwar Sonnenkollektoren auf dem Dach, aber die sind erstens schneebedeckt und bekommen bei dem Mistwetter eh kein Sonnenlicht zu sehen. Von daher ist der Generator unverzichtbar - nur leider frisst er gut zwei Liter Diesel pro Stunde. Fossile Rohstoffe, die man sparen sollte. Und das tue ich, auch wenn ich damit der einzige Mensch in Island sein sollte!
Zur Mittagszeit ist meine Arbeit an einem Wochentag auch schon beendet. Wenn das Wetter schlecht ist, was bisher so gut wie immer der Fall war, kommt eh niemand her und verbringe ich meine Nachmittage mit Lesen. Zum Glück habe ich genug Bücher mitgenommen und genieße es wirklich, zum ersten Mal seit Jahren wieder so viel Zeit für Literatur zu haben!
Aktuelle Informationen erhalte ich dieser Tage ausschließlich aus dem Radio. Ich war vollkommen baff, dass ich die Deutsche Welle empfangen kann sowie weitere französische, holländische und englische Sender. Dennoch bin ich den isländischen Medien treu: um 12.20 Uhr und um 19 Uhr sendet der Radiosender 'Rás 2' ausführliche Nachrichten, denen ich immer zuhöre, und um 18:30 Uhr kommt dort mein tägliches Highlight: "Spegillinn", "der Spiegel", ist ein teilweise kritisches Politmagazin, das sich mit den wichtigsten Tagesthemen der Isländer beschäftigt. Es ist die einzige Sendung im Radio, die Probleme erklärt und Hintergründe auflistet.
Da ich die vergangenen Monate ja ganz wo anders verbracht habe und die Geschehnisse auf Island nicht weiter verfolgt habe, sind diese Erklärungen ziemlich hilfreich, um die Nachrichten und die mir manchmal ziemlich verwirrt erscheinenden Denkweisen der Isländer verstehen zu können. Sonst höre ich nie Radio, aber in Abwesenheit eines Fernsehers und vor allem des Internets bin ich plötzlich total darauf fixiert. Es gibt viele Dinge ohne die ich hier in Landmannalaugar leben kann - aber auf das Radio als meine einzige Informationsquelle will ich auf keinen Fall verzichten!
Deutsche Welle...
Hallo kerstin!
Danke für die tollen Berichte...
Deutsche Welle in Island - auf welcher Kurzwellenfrequenz?
Gruß
Markus
Danke für die tollen Berichte...
Deutsche Welle in Island - auf welcher Kurzwellenfrequenz?
Gruß
Markus
Dienstag, 12. Februar 2008
Danke für eure Reaktionen!
Sven: nun ja, die anderen Häuser in Landmannalaugar sind auch dunkelbraun mit grünem Dach. Es soll versucht werden, zumindest in der Farbgebung her ein wenig einheitlich zu bleiben. Darum wird das neue Hüttenwarthaus auch dunkel gestrichen werden - guter oder schlechter Geschmack hin und her!
Markus: als wenn ich die Frequenz noch wüsste! Guck mal im Internet nach! Google kennt die garantiert!
So, jetzt aber weiter im Text! Und zwar mit:
Dienstag, 12. Februar 2008
'Top Gear' in Landmannalaugar, oder: meine Feuertaufe
Da niemand hier übernachtet hat, gönnte ich mir den Luxus, bis halb zehn zu schlafen. Es ist wirklich erstaunlich, wie viel Schlaf ich auf einmal brauche! Unter acht Stunden läuft hier nichts - gut, warum auch, wenn es eh außer der täglich Routine wenig zu tun gibt...
Doch genau diese Routine wurde heute um einen angenehmen Zwischenfall erweitert. Nachdem ich das Haus mal wieder nur durchs Fenster verlassen konnte und erst einmal die Tür freischaufeln musste, als ich nach dem täglichen Kampf mit dem Generator dann schließlich in die Hütte kam und das Funkgerät anstellte, wurde ich per Funk von Tristan gerufen. Tristan kenne ich seit gestern. Der verrückte Isländer ist am Freitag von Hvanngil den Laugavegur per Ski gegangen und steckte seitdem an den Jökultungur fest, das ist der Höhenzug zwischen Álftavatn und Hrafntinnusker, etwa 15km von hier entfernt. Das Wetter war dort oben auf fast 1000m Höhe so schlecht, dass er nichts sehen konnte. Da bei den Schneeverhältnissen akute Lawinengefahr herrscht, hat er das einzig Richtige gemacht und vier Tage und Nächte lang im Zelt ausgeharrt. Tough! Er hatte ein Funkgerät dabei und stellte sich mir gestern vor - um sich heute morgen wieder zu melden. Sein Anliegen: er wollte abgeholt werden, denn erstens war ihm todlangweilig und zweitens (und das war für mich der gravierendere Grund) gingen ihm die Essensrationen zuneige.
Um Hilfe zu holen musste ich erst einmal das Haupttelefon im Pferdestall anschmeißen - und das war wie immer mit Arbeit verbunden. Egal was ich mache, egal wie viel Schnee ich auch vom Fenster wegschaffe, der nächste Schneefall füllt das entstandene Loch garantiert wieder auf. Selbst wenn es nicht schneit treibt der Wind den Pulverschnee durch jede noch so kleine Spalte. Ich nutze zwar mittlerweile einen Schlitten um das glaslose Fenster des Pferdestalls zu schließen - aber auch das erspart mit Schneeschüppen nicht.
Ich buddelte also wieder einen neuen Tunnel nach unten zum höchsten Fenster des Pferdestalles und bekam das Haupttelefon erfolgreich ans Laufen. Dann jedoch stellte ich wenig überrascht fest, dass ich zwar ein Freizeichen erhielt, mich aber nicht ins Telefonnetz einwählen konnte. Bei Sturm ist das vollkommen normal - zumindest in Landmannalaugar! Das alte nordische NMT-Netz ist das einzige Kommunikationsnetz, das bisher das Hochland abdeckte, und leider wird es langsam aber sicher abgebaut bzw. nicht mehr in Stand gehalten. Satellitentelefon und ein neues Tetra-Netz sollen es in den nächsten Jahren ersetzen - nur noch ist es in Landmannalaugar nicht soweit. Dies hat also zur Folge, dass ich nur dann Telefonkontakt habe, wenn das Wetter gut ist. Und selbst dann rauscht und knackt es oft in der Leitung, dass die Verständigung in etwa so schwierig wird, wie ein Gespräch unmittelbar neben einem Wasserfall. Also einem richtig großen Wasserfall in der Kategorie Gullfoss und aufwärts...
Weil das Telefon also nicht funktionierte, nutzte ich das Funkgerät, um die nächste Bergrettungs-Ortsgruppe zu verständigen. Ich greife eigentlich nur dann zum Funkgerät, wenn ich gerufen werde oder nicht über Telefonanbindung verfüge. Der Grund ist, dass jeder, der ein Funkgerät hat und sich in Reichweite des entsprechenden Senders befindet, den Gesprächen zuhören kann - Privatsphäre gibt es da nicht, im Gegenteil: viele Ohren hören mit und denken sich ihren Teil. Auch und gerade in einem so kleinen Land wie Island!
Die fehlende Anonymität kam mir diesmal allerdings zugute! Da die Bergrettung Hella einfach nicht auf meine Rufe antworten wollte, klinkte sich nach einiger Zeit ein alter Mann aus Þykkvibær ein und bot mir seine Hilfe an. Es gibt so einige ältere Herrschaften, die ein Funkgerät besitzen und neugierig den Gesprächen lauschen - und zwar rund um die Uhr! Dies ist eine sehr beruhigende Sicherheitsoption, weiß ich doch, dass mich immer irgendwer hören wird, wenn ich Hilfe brauche! An Tagen wie diesen können sie dann per Telefon diejenigen anrufen, mit denen ich sprechen will und sie auffordern, ihr Funkgerät einzuschalten. Und genau das geschah heute. Die Bergrettung rief mich nach fünf Minuten zurück, woraufhin ich ihnen die GPS-Koordinaten Tristans und somit auch die Verantwortung für ihn abgab. Er ging dann zwischenzeitig auch online, musste allerdings Batterien sparen, und dürfte jetzt, wo ich diese Zeilen tippe, auf einem Snowmobil der Björgunarsveit sitzen und zurück in die Zivilisation gebracht werden.
Am Wochenende erhielt ich meine Feuertaufe. Den ganzen Freitag über wartete ich auf eine Gruppe, und als die bis Mitternacht noch nicht erschienen war, ging ich ins Bett. Irgendwann später wachte ich auf, weil der Schnee an meinem Fenster hell aufleuchtete: Autoscheinwerfer tauchten die Hütte in gleißendes Licht. Es war drei Uhr morgens, bzw. nachts. Sofort saß ich in den Startlöchern, erhitzte Wasser, schmiss den Generator an, schaufelte das Plumpsklo frei und machte alles fertig für die neun Mann in ihren drei Jeeps, die kamen. Ich hätte einfach weiterschlafen sollen, ich Idiot, denn die Typen waren unfreundlich und stockbesoffen, alles Männer vom Schlag ignoranter Jeepbesitzer, die nicht einmal wahrnahmen, dass ich alles für sie hergerichtet hatte. Sie hatten sage und schreibe 12 Stunden von Hrauneyjar bis zu mir gebraucht (etwa 30km - das ergibt eine Durchschnittgeschwindigkeit von 2.5 km/h...). Gut, ich wäre vermutlich auch alles andere als gut gelaunt gewesen, wenn ich eine solche Tortur hinter mir hätte; die Autos müssen andauernd im Schnee stecken geblieben sein.
Es ist mir ehrlich gesagt unbegreiflich, dass irgendjemand so blöd war, bei dem Wetter im Hochland rumzufahren. An diesem Freitag nämlich zog das tiefste Tief seit etlichen Jahren über Island hinweg, das besonders im Südwesten zuschlug. In Reykjavík regnete es so heftig, dass Häuser absoffen und die Menschen außerdem aufgefordert wurden, in ihren Wohnungen zu bleiben und sich von Fenstern fernzuhalten, weil so viele Dinge durch die Luft flogen. In Austur-Landeyjar flog ein 70qm-Dach einer Scheue weg, und irgendwo wurden zwei Busse von der Straße geweht. Alle Pässe waren dicht, entweder wegen extremem Schneefall oder noch extremeren Windböen, und hier in Landmannalaugar wehte der Wind einem so die feinen Eiskristalle um die Ohren, dass man weder mit noch ohne Skibrille etwas sah. Der gute Meter Neuschnee, der in dieser Nacht fiel, war folglich Pulverschnee der feinsten Sorte und damit der am wenigsten geeignete Schnee, um mit tonnenschweren Superjeeps darauf herumzufahren!
Die Draufgängertruppe blieb noch eine Nacht und bekam am Samstag um 23 und um 2 Uhr Nachts Besuch: erst kamen weitere sechs, die gestern wohl umgedreht waren und die zur Doofgruppe gehörten, und dann kam Arctic Trucks mit elf Mann in sage und schreibe fünf Autos. Grund ihrer Reise war das 'Top Gear Polar Special', das hier in Island zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt wurde. 'Top Gear' ist eine britisches Autosendung, in der drei vollkommen technikfixierte Männer sich über alles auslassen, was vier Räder besitzt und fahren kann. In dem Fall haben sie ein Wettrennen zum Nordpol gemacht und geschaut, wer schneller ist: Jeeps oder Hundeschlitten.
(Hier der Link zu Youtube: Top Gear Polar Special - Introduction )
Die Jeeps und Begleitcrew waren Isländer von der Firma 'Arctic Trucks', und die machten nun parallel zur Erstausstrahlung dieser Sendung ein Riesentrara mit Gala, Autoausstellung und großem Spektalel. Und danach organisierten sie noch eine Fahrt nach Landmannalaugar; im Gepäck zwei Kameramänner der Expedition als Ehrengäste. Erst um 20Uhr waren sie von Reykjavík aus aufgebrochen, um dann hier mitten in der Nacht noch zu grillen. Als um 3.30 noch nicht einmal der Hauch schon Schlafesstimmung herrschte (und eigentlich alle in Partystimmung waren außer mir) zog ich ins Hüttenwarthaus um und lebe seitdem dort.
Am Sonntag war Großreinemachen angesagt - eine Tätigkeit, die Superjeepfahrer in der Regel so scheuen wie eine Katze das Wasser. Um die Hütte nicht als Schlachtfeld hinterlassen zu bekommen ist Initiative meinerseits gefragt - und die kam nicht zu knapp zu Tage! Wie eine Schulmeisterin stand ich mit in die Hüfte gestemmten Armen hinter den verkaterten Männern und diktierte sie mit Besen und Wischmopp umher. Hihi, das macht Spaß, großkotzige Möchtegernkrieger umherzukommandieren! Vor allem wenn man unterstützung erhält, in dem Falle von den Arctic Truckern! Allen voran der Brite, der als Ehrengast rübergekommen war, ist mir als Held des Morgens in Erinnerung geblieben. Er war der Kameramann des Hundeschlittenteams und hatte am Vorabend nicht gesoffen, so dass er dementsprechend fit und fröhlich war und zusammen mit dem einzig verantwortungsbewussten Isländer (ein sympathischer Glatzkopf von Arctic Trucks) den Abwasch der gesamten Hütte machte. Echt nett!
Dennoch: als um die Mittagszeit dann alle wieder abgereist waren, musste ich die Hütte vier weitere Stunden lang mit Besen und Lappen bearbeiten, um sie wieder bewohnbar zu machen. Unglaublich, wie viel Schmutz eine Horde betrunkener Männer mit sich bringt! Solch ein Schlachtfeld! Aber jetzt zeugen zum Glück nur noch zwei große, randvoll mit Bierdosen und Whiskyflaschen gefüllte Biersäcke von der Anwesenheit der Superjeeprowdies - und genieße ich die Ruhe, die in die menschenleere Hütte Einzug gehalten hat!
Sven: nun ja, die anderen Häuser in Landmannalaugar sind auch dunkelbraun mit grünem Dach. Es soll versucht werden, zumindest in der Farbgebung her ein wenig einheitlich zu bleiben. Darum wird das neue Hüttenwarthaus auch dunkel gestrichen werden - guter oder schlechter Geschmack hin und her!
Markus: als wenn ich die Frequenz noch wüsste! Guck mal im Internet nach! Google kennt die garantiert!
So, jetzt aber weiter im Text! Und zwar mit:
Dienstag, 12. Februar 2008
'Top Gear' in Landmannalaugar, oder: meine Feuertaufe
Da niemand hier übernachtet hat, gönnte ich mir den Luxus, bis halb zehn zu schlafen. Es ist wirklich erstaunlich, wie viel Schlaf ich auf einmal brauche! Unter acht Stunden läuft hier nichts - gut, warum auch, wenn es eh außer der täglich Routine wenig zu tun gibt...
Doch genau diese Routine wurde heute um einen angenehmen Zwischenfall erweitert. Nachdem ich das Haus mal wieder nur durchs Fenster verlassen konnte und erst einmal die Tür freischaufeln musste, als ich nach dem täglichen Kampf mit dem Generator dann schließlich in die Hütte kam und das Funkgerät anstellte, wurde ich per Funk von Tristan gerufen. Tristan kenne ich seit gestern. Der verrückte Isländer ist am Freitag von Hvanngil den Laugavegur per Ski gegangen und steckte seitdem an den Jökultungur fest, das ist der Höhenzug zwischen Álftavatn und Hrafntinnusker, etwa 15km von hier entfernt. Das Wetter war dort oben auf fast 1000m Höhe so schlecht, dass er nichts sehen konnte. Da bei den Schneeverhältnissen akute Lawinengefahr herrscht, hat er das einzig Richtige gemacht und vier Tage und Nächte lang im Zelt ausgeharrt. Tough! Er hatte ein Funkgerät dabei und stellte sich mir gestern vor - um sich heute morgen wieder zu melden. Sein Anliegen: er wollte abgeholt werden, denn erstens war ihm todlangweilig und zweitens (und das war für mich der gravierendere Grund) gingen ihm die Essensrationen zuneige.
Um Hilfe zu holen musste ich erst einmal das Haupttelefon im Pferdestall anschmeißen - und das war wie immer mit Arbeit verbunden. Egal was ich mache, egal wie viel Schnee ich auch vom Fenster wegschaffe, der nächste Schneefall füllt das entstandene Loch garantiert wieder auf. Selbst wenn es nicht schneit treibt der Wind den Pulverschnee durch jede noch so kleine Spalte. Ich nutze zwar mittlerweile einen Schlitten um das glaslose Fenster des Pferdestalls zu schließen - aber auch das erspart mit Schneeschüppen nicht.
Ich buddelte also wieder einen neuen Tunnel nach unten zum höchsten Fenster des Pferdestalles und bekam das Haupttelefon erfolgreich ans Laufen. Dann jedoch stellte ich wenig überrascht fest, dass ich zwar ein Freizeichen erhielt, mich aber nicht ins Telefonnetz einwählen konnte. Bei Sturm ist das vollkommen normal - zumindest in Landmannalaugar! Das alte nordische NMT-Netz ist das einzige Kommunikationsnetz, das bisher das Hochland abdeckte, und leider wird es langsam aber sicher abgebaut bzw. nicht mehr in Stand gehalten. Satellitentelefon und ein neues Tetra-Netz sollen es in den nächsten Jahren ersetzen - nur noch ist es in Landmannalaugar nicht soweit. Dies hat also zur Folge, dass ich nur dann Telefonkontakt habe, wenn das Wetter gut ist. Und selbst dann rauscht und knackt es oft in der Leitung, dass die Verständigung in etwa so schwierig wird, wie ein Gespräch unmittelbar neben einem Wasserfall. Also einem richtig großen Wasserfall in der Kategorie Gullfoss und aufwärts...
Weil das Telefon also nicht funktionierte, nutzte ich das Funkgerät, um die nächste Bergrettungs-Ortsgruppe zu verständigen. Ich greife eigentlich nur dann zum Funkgerät, wenn ich gerufen werde oder nicht über Telefonanbindung verfüge. Der Grund ist, dass jeder, der ein Funkgerät hat und sich in Reichweite des entsprechenden Senders befindet, den Gesprächen zuhören kann - Privatsphäre gibt es da nicht, im Gegenteil: viele Ohren hören mit und denken sich ihren Teil. Auch und gerade in einem so kleinen Land wie Island!
Die fehlende Anonymität kam mir diesmal allerdings zugute! Da die Bergrettung Hella einfach nicht auf meine Rufe antworten wollte, klinkte sich nach einiger Zeit ein alter Mann aus Þykkvibær ein und bot mir seine Hilfe an. Es gibt so einige ältere Herrschaften, die ein Funkgerät besitzen und neugierig den Gesprächen lauschen - und zwar rund um die Uhr! Dies ist eine sehr beruhigende Sicherheitsoption, weiß ich doch, dass mich immer irgendwer hören wird, wenn ich Hilfe brauche! An Tagen wie diesen können sie dann per Telefon diejenigen anrufen, mit denen ich sprechen will und sie auffordern, ihr Funkgerät einzuschalten. Und genau das geschah heute. Die Bergrettung rief mich nach fünf Minuten zurück, woraufhin ich ihnen die GPS-Koordinaten Tristans und somit auch die Verantwortung für ihn abgab. Er ging dann zwischenzeitig auch online, musste allerdings Batterien sparen, und dürfte jetzt, wo ich diese Zeilen tippe, auf einem Snowmobil der Björgunarsveit sitzen und zurück in die Zivilisation gebracht werden.
Am Wochenende erhielt ich meine Feuertaufe. Den ganzen Freitag über wartete ich auf eine Gruppe, und als die bis Mitternacht noch nicht erschienen war, ging ich ins Bett. Irgendwann später wachte ich auf, weil der Schnee an meinem Fenster hell aufleuchtete: Autoscheinwerfer tauchten die Hütte in gleißendes Licht. Es war drei Uhr morgens, bzw. nachts. Sofort saß ich in den Startlöchern, erhitzte Wasser, schmiss den Generator an, schaufelte das Plumpsklo frei und machte alles fertig für die neun Mann in ihren drei Jeeps, die kamen. Ich hätte einfach weiterschlafen sollen, ich Idiot, denn die Typen waren unfreundlich und stockbesoffen, alles Männer vom Schlag ignoranter Jeepbesitzer, die nicht einmal wahrnahmen, dass ich alles für sie hergerichtet hatte. Sie hatten sage und schreibe 12 Stunden von Hrauneyjar bis zu mir gebraucht (etwa 30km - das ergibt eine Durchschnittgeschwindigkeit von 2.5 km/h...). Gut, ich wäre vermutlich auch alles andere als gut gelaunt gewesen, wenn ich eine solche Tortur hinter mir hätte; die Autos müssen andauernd im Schnee stecken geblieben sein.
Es ist mir ehrlich gesagt unbegreiflich, dass irgendjemand so blöd war, bei dem Wetter im Hochland rumzufahren. An diesem Freitag nämlich zog das tiefste Tief seit etlichen Jahren über Island hinweg, das besonders im Südwesten zuschlug. In Reykjavík regnete es so heftig, dass Häuser absoffen und die Menschen außerdem aufgefordert wurden, in ihren Wohnungen zu bleiben und sich von Fenstern fernzuhalten, weil so viele Dinge durch die Luft flogen. In Austur-Landeyjar flog ein 70qm-Dach einer Scheue weg, und irgendwo wurden zwei Busse von der Straße geweht. Alle Pässe waren dicht, entweder wegen extremem Schneefall oder noch extremeren Windböen, und hier in Landmannalaugar wehte der Wind einem so die feinen Eiskristalle um die Ohren, dass man weder mit noch ohne Skibrille etwas sah. Der gute Meter Neuschnee, der in dieser Nacht fiel, war folglich Pulverschnee der feinsten Sorte und damit der am wenigsten geeignete Schnee, um mit tonnenschweren Superjeeps darauf herumzufahren!
Die Draufgängertruppe blieb noch eine Nacht und bekam am Samstag um 23 und um 2 Uhr Nachts Besuch: erst kamen weitere sechs, die gestern wohl umgedreht waren und die zur Doofgruppe gehörten, und dann kam Arctic Trucks mit elf Mann in sage und schreibe fünf Autos. Grund ihrer Reise war das 'Top Gear Polar Special', das hier in Island zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt wurde. 'Top Gear' ist eine britisches Autosendung, in der drei vollkommen technikfixierte Männer sich über alles auslassen, was vier Räder besitzt und fahren kann. In dem Fall haben sie ein Wettrennen zum Nordpol gemacht und geschaut, wer schneller ist: Jeeps oder Hundeschlitten.
(Hier der Link zu Youtube: Top Gear Polar Special - Introduction )
Die Jeeps und Begleitcrew waren Isländer von der Firma 'Arctic Trucks', und die machten nun parallel zur Erstausstrahlung dieser Sendung ein Riesentrara mit Gala, Autoausstellung und großem Spektalel. Und danach organisierten sie noch eine Fahrt nach Landmannalaugar; im Gepäck zwei Kameramänner der Expedition als Ehrengäste. Erst um 20Uhr waren sie von Reykjavík aus aufgebrochen, um dann hier mitten in der Nacht noch zu grillen. Als um 3.30 noch nicht einmal der Hauch schon Schlafesstimmung herrschte (und eigentlich alle in Partystimmung waren außer mir) zog ich ins Hüttenwarthaus um und lebe seitdem dort.
Am Sonntag war Großreinemachen angesagt - eine Tätigkeit, die Superjeepfahrer in der Regel so scheuen wie eine Katze das Wasser. Um die Hütte nicht als Schlachtfeld hinterlassen zu bekommen ist Initiative meinerseits gefragt - und die kam nicht zu knapp zu Tage! Wie eine Schulmeisterin stand ich mit in die Hüfte gestemmten Armen hinter den verkaterten Männern und diktierte sie mit Besen und Wischmopp umher. Hihi, das macht Spaß, großkotzige Möchtegernkrieger umherzukommandieren! Vor allem wenn man unterstützung erhält, in dem Falle von den Arctic Truckern! Allen voran der Brite, der als Ehrengast rübergekommen war, ist mir als Held des Morgens in Erinnerung geblieben. Er war der Kameramann des Hundeschlittenteams und hatte am Vorabend nicht gesoffen, so dass er dementsprechend fit und fröhlich war und zusammen mit dem einzig verantwortungsbewussten Isländer (ein sympathischer Glatzkopf von Arctic Trucks) den Abwasch der gesamten Hütte machte. Echt nett!
Dennoch: als um die Mittagszeit dann alle wieder abgereist waren, musste ich die Hütte vier weitere Stunden lang mit Besen und Lappen bearbeiten, um sie wieder bewohnbar zu machen. Unglaublich, wie viel Schmutz eine Horde betrunkener Männer mit sich bringt! Solch ein Schlachtfeld! Aber jetzt zeugen zum Glück nur noch zwei große, randvoll mit Bierdosen und Whiskyflaschen gefüllte Biersäcke von der Anwesenheit der Superjeeprowdies - und genieße ich die Ruhe, die in die menschenleere Hütte Einzug gehalten hat!
- Chevyartictruck
- Weiser von Thule
- Beiträge: 1258
- Registriert: Do 28. Apr 2005, 09:02
- Wohnort: Altenbach im Odenwald
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- Herrscher des Nordmeeres
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- Wohnort: 99326 Ilmtal
NMT Privatsphäre ??
Wenn ich mich recht erinnere, gibt es doch auch bei den NMT-Telefonen keine Privatspäre. Da wird doch auch fröhlich mitgehört - oder irre ich?
Mittwoch, 20. Februar 2008
Martin: nein, NMT-Telefonate sind genauso anonym, wie andere Telefonate auch. Bzw. waren es. In zwei Jahren wird das Netz komplett der Vergangenheit angehören.
Mittwoch, 20. Februar 2008
Ein wenig Thermalwassertheorie, oder: von Spiralleitungen, Wassertanks und stinkendem Duschwasser
In diesem Beitrag will ich mich einem nur auf den ersten Blick langweiligem Thema widmen: nämlich der Heißwasserversorgung in Landmannalaugar und großen Teilen Islands.
Jeder, der schon einmal in Reykjavík den Heißwasserhahn aufgedreht hat, dürfte jetzt kaum Schwierigkeiten dabei haben, sich den Geruch wieder im Gedächtnis zu rufen: diese leicht verfaulte Note, die wie eine Mischung aus Rinderfurz und verfaultem Ei riecht und nach dem Duschen so wunderbar an einem hängen bleibt. Wobei ich vermute, dass wohl die wenigsten schon einmal hinter einer gerade verdauenden Kuh gestanden haben und den Heißwassergeruch mit eben dieser assoziieren werden...
Nicht nur in Reykjavík, sondern auch in vielen anderen Städten und Ortschaften Islands macht man sich Thermalwasser zunutze. Die meisten werden sich darunter wohl Folgendes vorstellen: nämlich dass man eine Heißwasserquelle anzapft und das kochende Wasser direkt in die Häuser pumpt - und damit direkten Kontakt zu dem Wasser hat, das wenige Stunden vorher noch tief unter der Erde von der glühenden Magma erhitzt wurde.
Richtig?
Nun ja, einige alte Häuser tun das tatsächlich. So war ich zum Beispiel in Hveragerði schon einmal in einem alten Farmhaus, in dem die Heizungen einen solchen Krach machten, dass ich nicht schlafen konnte, sich der Boden aufwellte und das ganze Haus nach Schwefel roch. Gut, Letzteres lag höchstwahrscheinlich daran, dass das Haus direkt auf einer heißen Quelle stand und deshalb auch verlassen werden musste. Anfangs mochte die Fußbodenheizung noch angenehm gewesen sein, aber als der Zement dann Risse bekam und heißer Dampf mitten im Wohnzimmer austrat, entschieden sich die Besitzer dann doch dazu, in ein neues Haus umzuziehen. Das war mit der ungewöhnlichste Umzugsgrund, von dem ich bisher gehört habe!
Der Krach in den Heizungen besagten Hauses entstammte jedoch der Tatsache, dass man das heiße Thermalwasser direkt in die Heizkörper geleitet hatte. Im Wasser befand sich viel Luft, die sich dann in den Heizkörpern sammelte, mir eine schlaflose Nacht bescherte und außerdem regelmäßig das ganze System flachlegte. Ich glaube, es musste wöchentlich entlüftet werden. Aber das war noch nicht alles: in Thermalwasser befinden sich sehr viele Zusatzstoffe, die ausfallen und die Leitungen verstopfen. Zumal der PH-wert des Wassers so extrem sein kann, dass Dichtungen und Metall von innen weggeätzt werden können.
Seit man das herausgefunden hat, benutzt man in Island das Prinzip des Wärmetauschens. Sprich: man verwendet nicht das eigentliche Thermalwasser, sondern erhitzt Grundwasser mithilfe des heißen Wassers auf nutzbare Temperaturen. Vereinfacht kann man sich das so vorstellen, dass das kalte Grundwasser (Trinkwasser) in einer sehr langen Spirale in einen Brunnen aus kochend heißem Thermalwasser geleitet wird. Kalt rein, heiß raus, und das ganz ohne jeglichen Energieaufwand - einfacher geht es nicht!
Diejenigen, die schon einmal in Reykjavík geduscht haben, werden jetzt vermutlich laut protestieren. Denn: wenn das heiße Leitungswasser nur erhitztes Trinkwasser ist, warum stinkt es dann in der Hauptstadt so ungemein nach faulen Eiern und schmeckt auch nach eben diesen?
Lange Zeit dachte auch ich, dass es sich bei dem alternativ riechenden, warmen Nass um von Magma erwärmtes Wasser handeln würde, echtes Thermalwasser eben. Dies wäre aber aufgrund der bereits angesprochenen Probleme nicht möglich: das Quellwasser wäre viel zu aggressiv im Gebrauch, und alle paar Jahre das komplette Heizsystem der Großstadt austauschen zu müssen, würde zwar einen Boom der isländischen Metallindustrie und der Klempnerzunft verursachen, wäre aber garantiert nicht Sinn der Sache...
Wenn man jetzt aber normales Wasser bis fast zum Siedepunkt erhitzt, dann bekommt man leider auch ein paar Probleme. Kaltes Wasser ist mit Sauerstoff gesättigt; wenn man es erhitzt, kann es nicht mehr so viel Sauerstoff halten und gibt dieses ab. Sauerstoff ist nun aber, wie der Name schon sagt, sauer. Sich erhitzendes Wasser wird also zu einer Säure, und Säure greift Metall an. Blöde Sache.
In Island hat man das ganze recht pragmatisch gelöst. Das nach faulen Eiern riechende Duschwasser im Raum Reykjavík, dem Süden und Westen Islands ist durch Wärmetausch erhitztes Grundwasser, dem allerdings eine Prise Schwefeldampf zugeführt wurde. Schwefel nämlich verdrängt Sauerstoff und senkt den Säurewert des Wassers so weit, dass die Wasserleitungen das langfristig verkraften.
Auch in Landmannalaugar gibt es heiße Quellen, das sagt der Ortsname ja schon aus: "laugar" bedeutet nämlich "heiße Quellen". Warmes Wasser gibt es dort also sowieso, weshalb praktischerweise nicht mit Gas geheizt werden muss. Und auch dort nutzt man das heiße Wasser nur indirekt: das warme Dusch- und Nutzwasser in Hütte und Klohaus ist reines Trinkwasser, das im Brunnen mit der Spiralleitung erwärmt wird, einem eher hässlicher Betonklotz, der etwa 50m von der Hütte entfernt direkt am Lavafeld liegt. Allerdings wird dem Wasser dort kein Schwefel zugefügt, man kann es folglich problemlos trinken und zum Kochen nutzen!
Blick vom Hochtemperatur der Brennisteinsalda hinunter nach Landmannalaugar
Das wärmegetauschte Wasser wird in Landmannalaugar aber nicht zum Spülen und Duschen genutzt, sondern auch zum Heizen der Hütten! Das System ist so einfach wie genial - und noch dazu komplett unabhängig! Es basiert auf dem Prinzip, dass kaltes Wasser schwerer ist, als heißes. Die Rohrleitung der Heizkörper ist in sich geschlossen; einmal aufgefüllt, fließt das Wasser nirgends hinaus. Wir haben also die heiße Quelle, die Hütte, und eine Ringleitung, welche die beiden miteinander verbindet. Mit einer Pumpe wird das heiße Quellwasser in die Hütte durch die Heizungen bis unters Dach gesogen. Und dann überlässt man das Ganze sich selber. Denn es ist ja ganz logisch: das heiße Wasser kühlt auf dem Weg durch die Heizungen ab, wird dabei schwerer und fällt, wenn es unter dem Dach angelangt ist, von selber wieder runter. Während es runterfließt, zieht es heißes Wasser nach, das wiederum abkühlt, das wiederum einen Sog verursacht. Das abgekühlte Wasser fließt dann in die Heizspirale, wird auf über 60°C erwärmt und dann wieder in die Hütte gesogen. Ein unabhängiger Kreislauf, der ohne Arbeit und Energieaufwand ganzjährig die Hütten in Landmannalaugar und Hrafntinnusker heizt - eben dort, wo man direkt auf heißes Wasser zugreifen kann. Einfach aber genial!
Ein großes Problem gibt es in Landmannalaugar leider dennoch: im ganzen Umkreis besteht keine Möglichkeit, gutes Trinkwasser von einer erhöhten Position zu beziehen. Alle anderen Hütten am Laugavegur beziehen ihr Wasser aus einer Quelle, welche hoch genug liegt, um genügend Druck für die reibungslose Wasserversorgung zu liefern. Den Luxus haben wir in Landmannalaugar nicht; dort liegt eine gute Kaltwasserquelle auf der Höhe der Hütte. Den nötigen Druck bekommen wir erst durch die Nutzung eines Wassertankes, welcher etwa 10 Höhenmeter über der Hütte im Lavafeld liegt - so gut versteckt, dass ich ihn nicht gefunden habe, obwohl mir gesagt wurde, wo er ist.
Um den Tank mit dem Wasser aus dem Tal zu füllen, nutzen wir eine Pumpe, welche von einem großen Dieselgenerator betrieben wird. In der Hochsaison muss der Tank dreimal täglich aufgefüllt werden, denn niemand spart Wasser - kein Wunder, denkt man doch, dass es einfach aus der Leitung kommt und dazu noch Thermalwasser ist! Aber wie gesagt: jeder Tropfen Wasser muss erst hoch ins Lavafeld gepumpt werden, bevor er in die Heißspirale oder direkt in die Hütten fließen kann. Denkt daran, wenn ihr das nächste Mal in Landmannalaugar eure Zähne putzt! Selbst da kann nicht auf den Einsatz fossiler Energien verzichtet werden - noch nicht zumindest. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, dass Strom hierher gelegt wird; die nahegelegenen Veiðivötn sollen Sommer 2008 ans Stromnetz angeschlossen werden. Dann wird es nicht mehr lange dauern, bis auch eine Leitung nach Landmannalaugar gelegt wird. Und sobald Strom hier ist, wird sich alles rasant ändern, das zumindest ist meine Befürchtung. "Hotel Landmannalaugar" - dann wohlmöglich nicht mehr allzu unrealistisch.
Brrr, bei dem Gedanken läuft es mir kalt den Rücken herab!
Aber so ist das nun einmal: Fortschritt hält Einzug, wo immer es möglich ist. Dazu gehört auch, dass im Herbst 2008 ein Sendemast auf dem Berg Sigalda errichtet werden wird. Folglich wird die gesamte Fjallabak-Gegend ab 2009 über Handyempfang verfügen. Die Isländer sprechen von "nötigen Sicherheitsmaßnahmen". Ich spreche von gezielter Ruhestörung.
Recht haben wohl alle.
Mittwoch, 20. Februar 2008
Ein wenig Thermalwassertheorie, oder: von Spiralleitungen, Wassertanks und stinkendem Duschwasser
In diesem Beitrag will ich mich einem nur auf den ersten Blick langweiligem Thema widmen: nämlich der Heißwasserversorgung in Landmannalaugar und großen Teilen Islands.
Jeder, der schon einmal in Reykjavík den Heißwasserhahn aufgedreht hat, dürfte jetzt kaum Schwierigkeiten dabei haben, sich den Geruch wieder im Gedächtnis zu rufen: diese leicht verfaulte Note, die wie eine Mischung aus Rinderfurz und verfaultem Ei riecht und nach dem Duschen so wunderbar an einem hängen bleibt. Wobei ich vermute, dass wohl die wenigsten schon einmal hinter einer gerade verdauenden Kuh gestanden haben und den Heißwassergeruch mit eben dieser assoziieren werden...
Nicht nur in Reykjavík, sondern auch in vielen anderen Städten und Ortschaften Islands macht man sich Thermalwasser zunutze. Die meisten werden sich darunter wohl Folgendes vorstellen: nämlich dass man eine Heißwasserquelle anzapft und das kochende Wasser direkt in die Häuser pumpt - und damit direkten Kontakt zu dem Wasser hat, das wenige Stunden vorher noch tief unter der Erde von der glühenden Magma erhitzt wurde.
Richtig?
Nun ja, einige alte Häuser tun das tatsächlich. So war ich zum Beispiel in Hveragerði schon einmal in einem alten Farmhaus, in dem die Heizungen einen solchen Krach machten, dass ich nicht schlafen konnte, sich der Boden aufwellte und das ganze Haus nach Schwefel roch. Gut, Letzteres lag höchstwahrscheinlich daran, dass das Haus direkt auf einer heißen Quelle stand und deshalb auch verlassen werden musste. Anfangs mochte die Fußbodenheizung noch angenehm gewesen sein, aber als der Zement dann Risse bekam und heißer Dampf mitten im Wohnzimmer austrat, entschieden sich die Besitzer dann doch dazu, in ein neues Haus umzuziehen. Das war mit der ungewöhnlichste Umzugsgrund, von dem ich bisher gehört habe!
Der Krach in den Heizungen besagten Hauses entstammte jedoch der Tatsache, dass man das heiße Thermalwasser direkt in die Heizkörper geleitet hatte. Im Wasser befand sich viel Luft, die sich dann in den Heizkörpern sammelte, mir eine schlaflose Nacht bescherte und außerdem regelmäßig das ganze System flachlegte. Ich glaube, es musste wöchentlich entlüftet werden. Aber das war noch nicht alles: in Thermalwasser befinden sich sehr viele Zusatzstoffe, die ausfallen und die Leitungen verstopfen. Zumal der PH-wert des Wassers so extrem sein kann, dass Dichtungen und Metall von innen weggeätzt werden können.
Seit man das herausgefunden hat, benutzt man in Island das Prinzip des Wärmetauschens. Sprich: man verwendet nicht das eigentliche Thermalwasser, sondern erhitzt Grundwasser mithilfe des heißen Wassers auf nutzbare Temperaturen. Vereinfacht kann man sich das so vorstellen, dass das kalte Grundwasser (Trinkwasser) in einer sehr langen Spirale in einen Brunnen aus kochend heißem Thermalwasser geleitet wird. Kalt rein, heiß raus, und das ganz ohne jeglichen Energieaufwand - einfacher geht es nicht!
Diejenigen, die schon einmal in Reykjavík geduscht haben, werden jetzt vermutlich laut protestieren. Denn: wenn das heiße Leitungswasser nur erhitztes Trinkwasser ist, warum stinkt es dann in der Hauptstadt so ungemein nach faulen Eiern und schmeckt auch nach eben diesen?
Lange Zeit dachte auch ich, dass es sich bei dem alternativ riechenden, warmen Nass um von Magma erwärmtes Wasser handeln würde, echtes Thermalwasser eben. Dies wäre aber aufgrund der bereits angesprochenen Probleme nicht möglich: das Quellwasser wäre viel zu aggressiv im Gebrauch, und alle paar Jahre das komplette Heizsystem der Großstadt austauschen zu müssen, würde zwar einen Boom der isländischen Metallindustrie und der Klempnerzunft verursachen, wäre aber garantiert nicht Sinn der Sache...
Wenn man jetzt aber normales Wasser bis fast zum Siedepunkt erhitzt, dann bekommt man leider auch ein paar Probleme. Kaltes Wasser ist mit Sauerstoff gesättigt; wenn man es erhitzt, kann es nicht mehr so viel Sauerstoff halten und gibt dieses ab. Sauerstoff ist nun aber, wie der Name schon sagt, sauer. Sich erhitzendes Wasser wird also zu einer Säure, und Säure greift Metall an. Blöde Sache.
In Island hat man das ganze recht pragmatisch gelöst. Das nach faulen Eiern riechende Duschwasser im Raum Reykjavík, dem Süden und Westen Islands ist durch Wärmetausch erhitztes Grundwasser, dem allerdings eine Prise Schwefeldampf zugeführt wurde. Schwefel nämlich verdrängt Sauerstoff und senkt den Säurewert des Wassers so weit, dass die Wasserleitungen das langfristig verkraften.
Auch in Landmannalaugar gibt es heiße Quellen, das sagt der Ortsname ja schon aus: "laugar" bedeutet nämlich "heiße Quellen". Warmes Wasser gibt es dort also sowieso, weshalb praktischerweise nicht mit Gas geheizt werden muss. Und auch dort nutzt man das heiße Wasser nur indirekt: das warme Dusch- und Nutzwasser in Hütte und Klohaus ist reines Trinkwasser, das im Brunnen mit der Spiralleitung erwärmt wird, einem eher hässlicher Betonklotz, der etwa 50m von der Hütte entfernt direkt am Lavafeld liegt. Allerdings wird dem Wasser dort kein Schwefel zugefügt, man kann es folglich problemlos trinken und zum Kochen nutzen!
Blick vom Hochtemperatur der Brennisteinsalda hinunter nach Landmannalaugar
Das wärmegetauschte Wasser wird in Landmannalaugar aber nicht zum Spülen und Duschen genutzt, sondern auch zum Heizen der Hütten! Das System ist so einfach wie genial - und noch dazu komplett unabhängig! Es basiert auf dem Prinzip, dass kaltes Wasser schwerer ist, als heißes. Die Rohrleitung der Heizkörper ist in sich geschlossen; einmal aufgefüllt, fließt das Wasser nirgends hinaus. Wir haben also die heiße Quelle, die Hütte, und eine Ringleitung, welche die beiden miteinander verbindet. Mit einer Pumpe wird das heiße Quellwasser in die Hütte durch die Heizungen bis unters Dach gesogen. Und dann überlässt man das Ganze sich selber. Denn es ist ja ganz logisch: das heiße Wasser kühlt auf dem Weg durch die Heizungen ab, wird dabei schwerer und fällt, wenn es unter dem Dach angelangt ist, von selber wieder runter. Während es runterfließt, zieht es heißes Wasser nach, das wiederum abkühlt, das wiederum einen Sog verursacht. Das abgekühlte Wasser fließt dann in die Heizspirale, wird auf über 60°C erwärmt und dann wieder in die Hütte gesogen. Ein unabhängiger Kreislauf, der ohne Arbeit und Energieaufwand ganzjährig die Hütten in Landmannalaugar und Hrafntinnusker heizt - eben dort, wo man direkt auf heißes Wasser zugreifen kann. Einfach aber genial!
Ein großes Problem gibt es in Landmannalaugar leider dennoch: im ganzen Umkreis besteht keine Möglichkeit, gutes Trinkwasser von einer erhöhten Position zu beziehen. Alle anderen Hütten am Laugavegur beziehen ihr Wasser aus einer Quelle, welche hoch genug liegt, um genügend Druck für die reibungslose Wasserversorgung zu liefern. Den Luxus haben wir in Landmannalaugar nicht; dort liegt eine gute Kaltwasserquelle auf der Höhe der Hütte. Den nötigen Druck bekommen wir erst durch die Nutzung eines Wassertankes, welcher etwa 10 Höhenmeter über der Hütte im Lavafeld liegt - so gut versteckt, dass ich ihn nicht gefunden habe, obwohl mir gesagt wurde, wo er ist.
Um den Tank mit dem Wasser aus dem Tal zu füllen, nutzen wir eine Pumpe, welche von einem großen Dieselgenerator betrieben wird. In der Hochsaison muss der Tank dreimal täglich aufgefüllt werden, denn niemand spart Wasser - kein Wunder, denkt man doch, dass es einfach aus der Leitung kommt und dazu noch Thermalwasser ist! Aber wie gesagt: jeder Tropfen Wasser muss erst hoch ins Lavafeld gepumpt werden, bevor er in die Heißspirale oder direkt in die Hütten fließen kann. Denkt daran, wenn ihr das nächste Mal in Landmannalaugar eure Zähne putzt! Selbst da kann nicht auf den Einsatz fossiler Energien verzichtet werden - noch nicht zumindest. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, dass Strom hierher gelegt wird; die nahegelegenen Veiðivötn sollen Sommer 2008 ans Stromnetz angeschlossen werden. Dann wird es nicht mehr lange dauern, bis auch eine Leitung nach Landmannalaugar gelegt wird. Und sobald Strom hier ist, wird sich alles rasant ändern, das zumindest ist meine Befürchtung. "Hotel Landmannalaugar" - dann wohlmöglich nicht mehr allzu unrealistisch.
Brrr, bei dem Gedanken läuft es mir kalt den Rücken herab!
Aber so ist das nun einmal: Fortschritt hält Einzug, wo immer es möglich ist. Dazu gehört auch, dass im Herbst 2008 ein Sendemast auf dem Berg Sigalda errichtet werden wird. Folglich wird die gesamte Fjallabak-Gegend ab 2009 über Handyempfang verfügen. Die Isländer sprechen von "nötigen Sicherheitsmaßnahmen". Ich spreche von gezielter Ruhestörung.
Recht haben wohl alle.
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