Ein Tag am Myvátn

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Sigrid
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Ein Tag am Myvátn

Beitrag von Sigrid » Mo 6. Mär 2006, 23:44

Hallo,
keine Ahnung, obŽs eine Begrenzung für Textlänge, etc. gibt...
Ende Juli 2004 am Myvátn. Vielleicht gefällt euch die Geschichte ja.


Viel Spaß beim Lesen!
Also los...


Nachdem mich der Bus wieder von der Rüttelhin- und Rüttelzurücktour zum / vom Dettifoss in Reykjahlid ausspuckte und die Eindrücke des Dettifoss sich noch orientierten, schlenderte ich zurück zum Campingplatz.

Die Aussies, die Holländerin und der Waliser waren von ihren Ausflügen noch nicht zurückgekehrt und so beschloss ich, ein bisschen was einzukaufen, ein bisschen was zu essen und Tee zu trinken und danach einen Spaziergang zu diesem unwahrscheinlich schwarzen, breiten und flachen Vulkankegel Hverfjall zu machen.
Ist ja gleich um die Ecke.
Also überquerte ich die 1, las die Wegweiser und betrat das Lavafeld. Nun lief ich zuerst einmal so vor mich dahin, vorbei an putzigen Bäumchen, Singvögel trällerten ihr Sommerlied, es war windstill und der Weg schlängelte sich so dahin, mal links, mal rechts, mal leicht ansteigend, mal leicht abfallend, mal verzweigte er sich, um sich gleich wieder zu finden. Mal lugte der Vulkankegel durch die Bäumchen, mal nicht. Die Birken waren mal größer, mal kleiner. Mal schien der Kegel zum Greifen nahe, mal war er wieder dort, wo ich ihn schon von der 1 aus gesehen hatte. Und so langsam nistete sich bei mir die zermürbende Öde – trotz all dem Grünzeug – des Lavafeldes und eine gewisse Unlust ein.
Wie lang sagte der Wegweiser sei der Weg?
Sind nicht schon Leute in Lavafeldern erfroren?
Oder gar verrückt geworden?
Wie weit war ich schon gegangen?
Jetzt kein Laut, kein Mucks. Mal ein schüchterner Singvogel. Sonnenschein und eine fasst bedrückende Stille.
Ah, da ist er wieder, Hverfjall, liegt da, als ob ihn das alles hier gar nichts angehen würde. Ist er größer, kleiner oder gar nichts geworden?
Oh man!
Und plötzlich: eine Attraktion. Ich stehe unvermittelt auf einer Spalte. Die Erde klafft hier wie Brotkruste auseinander und die Gegend vor mich öffnet sich ein bisschenDie Kruste geht ein paar hundert Meter nach links und nach rechts; isländisches Vollkornbaguette. Man kann auch hineingehen, aber nur, wenn man sich trotz der Warnschilder traut. Es steht was von: Achtung! Rutschgefahr! und sogar was von warmen oder gar heißem Wasser. Jedenfalls istŽs dort drin nass und dunkel und klein und eng und ich will ja zu dem großen weiten hohen Kegel, um den Myvatn aus halber Vogelperspektive sehen zu können. Also weiter Richtung Kegel, der jetzt direkt vor mir lag. Aber davor haben die Götter noch ein paar Windungen durch weiteres Lavagestein gezaubert. Ja, so sind se halt, die Götter. Da lai Lava. Ooooooooom.

Ein paar mit Mückennetzen verhangene junge Menschen kamen mir entgegen, sie sahen seltsam aus mit diesen schwarzen Netzen und den Hüten. Ein paar Stunden später wischte ich mir eine Fliege vom Arm, die es sich auf meiner Jacke bequem gemacht hatte, als ich wartete, dass mein Essen gar wurde.
Also manche Leute...

Manche Leute ist ein gutes Stichwort, aber mehr dazu gleich.
Jetzt stand ich also am Fuße des mächtigen Hverfjall. Links gingŽs rechts vom Zaun weiter in Richtung noch mehr Lavafelder und einem der bekanntesten wohl, den es da hanne so gebeŽ tut: Dimmuborgir. So heißt doch eine DüsterMetalBand? Aber das war mir alles viel zu weit und es galt den Kraterrand zu erklimmen.
Der Weg führt durch Lavasand schnurstracks geradeaus auf den Rand hoch. Hier wird nicht lange mit Serpentinen rumgemacht. Was soll das auch!
Oben angekommen sah ich rechts zwei Personen; einen Mann und etwas weiter hinter ihm eine Frau.
Im Krater sah ich schwarzen Sand und mit weißen Steinen gelegte Botschaften: Kevin was here. Oder: Budapest 2004.
Aha, aus Ermangelung an Bäumen und Bänken legt man hier also große weiße Steine, um der Nachwelt Botschaften mitzuteilen. Wie gut, dass es hier im Sommer nicht dunkel wird, so können sich die Autoren Zeit lassen, die Steine zu sammeln, auszurichten und dem Assistenten vom Kraterrand aus Befehle geben, wie die Steine zu legen sind.
Der i-Punkt muss noch etwas nach rechts! Noch ein bisschen, noch ein Stück! Halt! Das war etwas zu viel, wieder etwas nach links. Ja, so ist gut!
Und schon liegt es da das i von Kevin.

Als ich über eine Umrundung des Kraters sinnierte und versuchte, die Dauer zu schätzen, hatte mich der Mann erreicht und er sprach mich auch gleich an. Es stellte sich heraus, dass er Israeli war und Richter sei und dass er und seine Frau zum ersten Mal in Island seien. Die Frau dahinten sei seine Frau und ob sie mich ein Stück mitnehmen könnten. Wir hielten noch ein bisschen small talk und als seine Frau – leicht aus der Puste geraten die Arme – er trug irgendein Stadt-Marathon T-Shirt und sah recht fit aus – aufgeschlossen hatte, erzählte er ihr kurz von seinem Angebot.
Da ich von der ganzen Szenerie um mich herum doch etwas angeödet war, der Blick auf den Myvatn war nicht der Hit (ich schreibe es der Übersättigung zu, die wunderschöne Fährfahrt, die Wanderung F208-Sveinstindur-Fjallabak-Landmannalaugar, die Busfahrt über den Sprengisandur bei einem Wetter, bei dem man die Erdkrümmung mit beiden Händen hätte greifen können, das erste mal am Myvátn und dem Dettifoss und überhaupt... das reicht für 20 Urlaube) und es schien demnächst wieder regnen zu wollen, nahm ich das Angebot dankend an und wir gingen zu dem Mietauto. Ein weißes Auto, das unten auf dem Parkplatz stand.
Die Frau hatte etwas Schwierigkeiten den sandigen Weg bergab und wir warteten unten am Auto auf sie.
Ich setzt mich nach hinten und als wir losfuhren konnte ich die Frage: Was-sie-denn-schon-alles-gesehen-hätten-was-sie-noch-sehen-wollten-und-wie-lange-sie-noch-blieben-und-ob-es-ihnen-denn-hier-gefallen-würde nicht länger zurückhalten.
Die Begeisterung hielt sich in Grenzen, es sei alles ganz schön und ganz nett, man wolle noch in die Askja fahren, aber nicht selber sondern bei einer Tour mitmachen, aber Island sei halt nicht wie New York oder Rom –sagte die Frau. Bang. Ja, was soll man denn dazu nur sagen? Ich widersprach nicht. Ich sagte gar nichts. Die Antwort saß. Wind aus den Segeln genommen. Bang. Du sagst jetzt gar nichts.
Ja, überlegte ich, nicht wie New York oder Rom...

Nun, ich bin bis heute weder in New York noch in Rom (in der Reihenfolge bitte sehr) gewesen und ich kann für mich von den Bildern und Informationen, die ich bisher über die Printmedien oder die bewegten Medien, gesehen habe und sehe, durchaus bestätigen, dass Island nicht wie einer der beiden genannten Orte ist. Da hat sie Recht die gute Frau. Da gibtŽs gar kein Vertun! Aber trotzdem: Manche Leute...

Die Fahrt war auch nur von kurzer Dauer. An der 1 ließen sie mich raus, ich bedankte mich brav und war froh, mir ein Stück des Weges erspart zu haben und auch einer evtl. Diskussion über die politische Situation in Israel oder sonst wo entgangen zu sein.

Nun ging ich doch relativ zügig auf der asphaltierten Straße Richtung Reykjahlid und hing meinen Gedanken nach. Der Detifoss meldete sich. Die Krafla meldete sich. Und mein Magen meldete sich auch und der hatte natürlich das letzte Wort.

Mittlerweile regnete es etwas heftiger, aber das war nicht schlimm. Ein Pick-Up kam mit zwei vor Freude kreischenden Tramperinnen entgegen und die Leute im Fahrerhaus schauten recht amüsiert drein. Wahrscheinlich standen die beiden schon eine Ewigkeit an der Romantikstraße Nummer 1 und hatten schon ganz wunde Daumen.

Am Campingplatz angekommen sah ich, dass die anderen von ihren Ausflügen zurückgekommen waren. Wir erzählten uns gegenseitig, was wir so erlebt hatten und ich blabberte und brabbelte nur vom Dettifoss. Dettifoss hier, Dettifoss da. Dettifossmania. Ich war (bin) völlig eingenommen von dieser nicht zu greifenden Kraft, dieses Tosen. Ihr wisst Bescheid.

Die Sansibar gegenüber feierte an dem Tag ihr Einjähriges und alle Gäste erhielten ein Glas Sekt und eine Kleinigkeit zu Essen. Also gingen wir rüber. Tranken ein Bier, ein Glas Sekt und erzählten uns wie toll doch hier alles sei. Wir überlegten, was man noch unternehmen könnte und es wurde beschlossen, dass wir was kochen sollten, um dann später zur Happy Hour in die Sansibar zurückzukehren. Guter Plan.

Im leichten Nieselregen kochten wir unser Abendmahl und kehrten dann nach einer guten Stunde in die Sansibar zurück. Mittlerweile hatte diese sich mit Jungvolk gefüllt und eine Band spielte. Älteres Semester die Herren Bandmitglieder. Ich meine mich an ein Akkordeon, ein kleines Schlagzeug und an einen Bass zu erinnern.

Leicht beschwippst gingen wir dann zurück zu den Zelten, unterhielten und verabschiedeten uns noch kurz voneinander. Dann hieß es für mich schon mal meine Sachen zu packen, damit ich am Morgen pünktlich zum Bus Richtung Hveravellir zu kommen. Es war gegen 01.00 Uhr als ich mein Handy einschaltete, um den Wecker zu stellen. Der Bus fuhr gegen 08.30 und um spätestens 06.45 musste ich aufstehen. Eine SMS von Robert erreichte mich: 2:2 gegen Seukendorf. Sie saßen nun in Nürnberg bei Marion auf dem Balkon und genossen die Sonne. Ich schrieb zurück, dass ich bei ca. 12°C und Nieselregen im Zelt liegen würde.
Naja. Wecker gestellt und schlecht geschlafen, weil ich Angst hatte, den Bus zu verpassen.

Der Morgen war dann auch recht hektisch, da es etwas stärker regnete und ich zum Packen fasst alles einzeln in den Toiletten- / Duschbau tragen musste. Dort war es feuchtwarm und es roch leicht nach Schwefel. Mit den besten Empfehlungen der Krafla. Das Packen ging aber trotzdem ganz gut und ich erreichte pünktlich den Bus. Kjölur ich komme. Vor mir lag eine mehrstündige Busfahrt, an deren Ende ein Bad in den heißen Quellen von Hveravellir lockte. Aber dazu später mehr (vielleicht).

Sigrid
rotekirsche
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Beitrag von rotekirsche » So 26. Mär 2006, 16:02

Endlich hab ich es mal geschafft, deinen Bericht im ganzen zu lesen.
Ja, nett wie du das alles beschreibst.
Ich mag solche "witzig" aufgemotzte Berichte.
Und ich denk, wenn es ein zweiten Bericht gibt, freut sich das Volk.
Kann mich ganz genau an die Lavafelder am Myvatn erinnern...
Allerdings, find ich die Sansibar doof... ;o) unfreundliche Bedienungen... :P

Übrigens, die Beschreibung von den 2 Israelis. sehr gut.
Genau dieses Volk hatten wir auch als Gäste im Sommer.
Es war für alle zwar beeindruckend, aber trotzdem... langweilig.
Ich mein, die meisten sahen das nur so... Island ist teuer, die meisten können es sich eh nicht leisten, und genau deswege fahre ich hier her, weil ich was besseres bin... Gut, tolle Naturschönheiten, aber New York ist doch besser, mehr Streß, mehr Partys, mehr los...
Und wenn ich noch was dazu sagen darf. Die Leute, die sich das Land immer wieder neu ersparen, finden es wohl hier sehr viel toller, als die, die viel Knete haben und eben mal fix ne Rundreise machen, damit sie wieder ein Land abhacken können.

(Will aber keinen zu nahe tretten!)

Servus
Der ideale Tag wird nie kommen.
Der ideale Tag ist heute, wenn wir ihn dazu machen.
-Horaz-

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