Vorgestern wurden die Ergebnisse einer topaktuellen Umfrage über die Einstellung der Isländer zur EU veröffentlicht. Die Umfrage war im Auftrag von Samtök iðnaðarins (Zusammenschluss der Industrie) von Capacent Gallup unter 3.098 Erwachsenen in ganz Island durchgeführt worden.
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich auf Seite 3 der Publikation:
Die obere Graphik zeigt die Antworten auf die Frage "Sind Sie für oder gegen den Beitritt Islands zur Europäischen Union?" im zeitlichen Vergleich zwischen Februar 2005 und Februar 2011. Bemerkenswert ist dabei, dass die Zahl der Beitrittsgegner zwischen Juni-Juli 2008 und Februar-März 2010 stark zugenommen hat, während sie seither deutlich abnimmt. Entsprechende Änderungen sind auch bei der Zahl der Beitrittsbefürworter zu erkennen. Derzeit sind 33,4 Prozent strikt gegen einen Beitritt, 17,0 Prozent eher dagegen, 18,1 Prozent unentschlossen, 17,3 Prozent eher für einen Beitritt und 14,1 Prozent strikt dafür.
Die untere Graphik zeigt die Antworten auf die Frage "Wenn der Beitritt Islands zur Europäischen Union heute einer Volksabstimmung unterzogen würde, was würden Sie für das Wahrscheinlichste halten, wofür Sie stimmen würden?". Auch hierbei sind im Vergleich der letzten Jahre ähnliche Entwicklungen zu verzeichnen wie bei der ersten Frage. Derzeit würden 46,4 Prozent sicher gegen den Beitritt stimmen, 14,7 Prozent wahrscheinlich dagegen, 20,0 Prozent wahrscheinlich dafür und 18,9 Prozent sicher dafür.
Insgesamt zeigt sich also seit einem Jahr ein Trend zugunsten des Beitritts, aber noch bei weitem keine Mehrheit. Die Zahl der Beitrittsgegner ist noch immer wesentlich höher als vor Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008.
Wie sich Island eine neue Verfassung gibt
- Sæmundur
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Re: Wie sich Island eine neue Verfassung gibt
Fǫgr er hlíðin, svá at mér hefir hon aldri jafnfǫgr sýnzk, bleikir akrar ok slegin tún, ok mun ek ríða heim aptr ok fara hvergi.
Gunnar von Hlíðarendi beim Entschluss, Island nicht zu verlassen
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Re: Wie sich Island eine neue Verfassung gibt
Was für mich nicht nachvollziehbar ist, dass die EWR-Mitgleidschat als komfortabel eingestuft wird und man sich dadurch nicht am Gängelband der Brüsseler Bürokratie fühle.
Nach meiner Kenntnis bedeutet die EWR-Mitgliedschaft, dass sehr viele EU-Vorschriften übernommen werden MÜSSEN, ohne dass ein Mitspracherecht existiert.
Richtig ist, dass die emotional start besetzten Themen (FIscherei-Hoheitsgebiet, Naturressourcen) von der EWR-Mitgliedschaft zunächst wenig berührt zu sein scheinen.
Gibt es eigentlich (noch) (in der Fläche) eine Diskussion darüber, ob es sinnvoll wäre als EWR-Mitglied aber Nicht-EU-Staat dem Euro beitreten zu wollen?
Gruß Martin
Nach meiner Kenntnis bedeutet die EWR-Mitgliedschaft, dass sehr viele EU-Vorschriften übernommen werden MÜSSEN, ohne dass ein Mitspracherecht existiert.
Richtig ist, dass die emotional start besetzten Themen (FIscherei-Hoheitsgebiet, Naturressourcen) von der EWR-Mitgliedschaft zunächst wenig berührt zu sein scheinen.
Gibt es eigentlich (noch) (in der Fläche) eine Diskussion darüber, ob es sinnvoll wäre als EWR-Mitglied aber Nicht-EU-Staat dem Euro beitreten zu wollen?
Gruß Martin
Re: Wie sich Island eine neue Verfassung gibt
Das Mitbestimmungsrecht ist sicherliche ein Argument, warum man sagt, dass Island der besser der EU beitreten solle, um mehr Einfluss zu haben. Zum andere hält man dem entgegen, dass man als Kleinstaat sowieso keinen großen Einfluss habe. Ja, die EU-Vorschriften führt man ein, was ja den Beitrittsprozess beschleunigt, jedoch alles mit dem eigenen Tempo, und es gab auch schon Konflikte, wenn die Vorschriften sich wegen nationaler Gegebenheiten nich einfach durchführen ließen. Beispiel ist etwa die Vorschrift der Ruhezeiten für Fernfahrer, für die man, soweit ich mich erinnern kann, eine Ausnahme erreichte. Gleichermaßen ist die Angst vor der europäischem Bürokratismus, Angst vor dem Verlust der doch noch jungen nationalen Souveränität und der Verlust des Bestimmungsrechtes über die eigenen Naturresourcen ein Grund für die noch hohe Ablehnung eines Beitrittes. Auch gewisse Interessensgruppen nehmen deutlich Stellung in der Beitrittsdiskussion. So hat z.B. der Bauernverband sich klar gegen einen Beitritt ausgesprochen. Auch innerhalb der Fischereiwirtschaft gibt es starke Bedenken. Derzeit befindet man sich etwa im Clinch um Fangquoten für Markelen. Neuste Entwicklung in diesem Streit ist, dass man in eigener Position nachgeben würde, wenn man Fangrechte in EU-Gewässern dafür bekäme. Der eventuelle Verlust des nationalen Entscheidungsrechtes über die Fischgründe ist wohl der Schlüssel zu einem eventuellem Beitritt, und da scheint sich in der EU-Fischereipolitik etwas zu tun. In all diesen Bereichen ist man als EWR-Mitglied noch besser gestellt. Die schwierige Fiskalpolitik mit einer kleinen schwachen Währung ist jedoch ein gewichtiger Punkt, warum man der EU beitreten möchte. Da man außerhalb der EU jedoch keinen Zugang zum Euro auf dem "legalen" Weg erhält, will man den Weg des Beitritts gehen. Gewiss, es werden immer wieder andere Möglichkeiten diskutiert, wie die einseitige Aufnahme des Euro nach Vorbild von Montenegro oder die Aufnahme des US-Dollars oder der norwegischen Krone. Doch hierbei ist man bisher nicht weitergekommen und man hofft jetzt, dass man die Icesave-Geschichte zu einem Ende bringen kann, um die Finanzmärkte wieder für Island zu öffnen. Attraktive Unternehmen wie z.B. Össur haben versucht, ihre Aktien von der isländischen Börse ins Ausland abzuziehen, weil die fiskale Umgebung auf Island nicht gut genug ist.
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