hm, ich fürchte, ich muss doch einmal eine Lanze für die Leute brechen, die "Fahren nach Bildern" betreiben, wie Werner das so treffend genannt hat

Zunächst: Wir dürften alle erst einmal Bilder im Kopf gehabt haben, wenn wir uns ein neues Reiseziel aussuchen - und wenn das Ziel Island heißt, wo man nach ausdrucksstarken Bildern nicht lange suchen muss, gilt das noch mehr als sonst (hier in München fahren sogar U-Bahn-Züge mit isländischen Landschaftspanoramen herum...) Kommt dazu, dass die Kulturtouristen auf Island die vernachlässigbare Minderheit darstellen dürften - die Leute fahren nun mal wegen der Natur dorthin, die man ihnen als schön, frei, wild, unberührt und so weiter dargestellt hat. Und die suchen sie dann eben auch. Und wenn sie dabei auf unerwartete Hindernisse stoßen, sind sie enttäuscht.
Das wäre nun überall auf der Welt so. Auf Island kommt aber meiner Meinung nach etwas hinzu, was vielleicht ein "heißes Eisen" ist, aber trotzdem genannt werden soll: Island ist trotz des günstigen Wechselkurses der Krone immer noch ein teures Reiseziel. Jeder "Wiederholungstäter" hier im Forum weiß das natürlich und hat sich entsprechend eingerichtet - manchem "Ersttäter" wird das aber erst so richtig klar, wenn er (sagen wir mal) auf seiner siebentägigen Rundreise fünf Tage im Nebel feststeckt und zwar alle geplanten Destinationen anfahren kann, dort aber buchstäblich nichts sieht (ist einem guten Freund von mir so passiert). Und wenn diese Reise dann nicht nur eine war, bei der die Vorfreude groß war, sondern auch das Reisebudget stärker als üblich belastet wurde - dann ist es nicht verwunderlich, wenn man im Geiste eine Rechnung aufmacht, die sich im Wesentlichen um die Frage dreht: "Hat sich das überhaupt gelohnt?" Eine einfache Kosten-Nutzen-Betrachtung eben. Es soll sich lohnen. Das will jeder Reisende - auch ich, wahrscheinlich wir alle hier im Forum.
Als ich im Jahr 2009 von meiner ersten Selbstfahrertour auf Island zurückkam, wusste ich nicht, dass ich die nächsten fünf Jahre immer wieder zurückkehren würde. Und so hatte ich zwar viele schöne Dinge gesehen, war aber auch das eine oder andere Mal enttäuscht worden: im Süden hatten wir Pech mit dem Wetter, so dass der geplante Aufstieg auf die Hekla ausfiel, im Norden hatten wir beim Whalewatching keine müde Delphinflosse zu sehen bekommen (von größeren Meeressäugern ganz zu schweigen), am Myvatn war das Vogelleben zu dieser Jahreszeit bereits deutlich abgeflaut... Für mich war das am Ende alles ein Ansporn, es nicht bei einer Reise bewenden zu lassen. Aber ganz lapidar gesagt: Das muss man sich leisten können. Und ich habe schon das Gefühl, dass viele Touristen in jüngerer Zeit Island immer noch als "Ausnahme-Destination" besuchen - auch der Kosten wegen. Und dann will man natürlich, das alles klappt, dann will man die Bilder auch in natura sehen und knipsen, die einen dorthin gelockt haben, dann wächst mit jedem unerwarteten Widerstand der schönen, wilden, aber auch ungebändigten Natur der Frust. Menschliches, Allzumenschliches.
Last not least: Eine Lösung kann ich natürlich auch nicht anbieten - außer einer der "alten Hasen" im Forum ermannt sich und schreibt endlich den ultimativen "Anti-Island-Reiseführer"


