Dass auch hier kritische Stimmen laut werden, freut mich!Wuerden Sie mit einer Jugendlichen (man koennte auch sagen einem Kind) einen lebensgefaehrlichen Fluss durchfahren, einfach so, ohne hoechste Not? Wuerden Sie mit einem Traktor, dem fast der Diesel ausgeht, der beim Furten mit Vollgas vermutlich 40 Liter pro 100 km frisst, wuerden Sie mit diesem Traktor durch einen breiten lebensgefaehrlichen Fluss fahren? Nein? Wir schon. Welcome to Iceland
Schön wäre es nur, wenn sich auch Gäste wenigstens mit ihrem Vornamen outen würden, das würde es etwas persönlicher machen!
Im Nachhinein betrachtet sage auch ich, dass die Aktion des 27.09.07 der reine Wahnsinn war. Hätte ich vorher gewusst, wie gefährlich die Steinholtsá sein würde, hätte ich das ganze Unternehmen abgesagt. Ich bin mir allerdings sicher, dass die meisten isländischen Jeepfahrer die Aktion im Traktor auch gemacht hätten, dieses Gefährt ist nun einmal unglaublich für solche Sachen geeignet. Dennoch: ich empfand die Situation als grenzwertig. Aber selbst vor der ersten Durchquerung war mir nicht klar, wie tief dieser Fluss sein würde - wie immer lernt man am besten durch Fehler. Und dem Traktor sei Dank kann ich dies immer noch tun.
Auch die angesprochene Umweltbelastung war vorhanden, da stimme ich voll zu. Benzin wird im Falle von Flussdurchquerungen nun sicherlich nicht in den Mengen verbraucht wie Gerneklein es vermutet, aber auf jeden Fall mehr, als wenn man die Aktion gelassen hätte. Viel drastischer finde ich allerdings die Tatsache, dass man mit Autos durch Flüsse fährt. Ein einzelnes Auto fällt vielleicht nicht ins Gewicht, aber im Falle der Þórsmörk und Island insgesamt reden wir von Tausenden von Flussdurchquerungen im Jahr - da läppern sich die kleinen Verschmutzungen zu einer riesigen, wenn auch unsichtbaren Umweltsünde. Wie viel Öl vom Motor und dem Unterboden abgewaschen wird, wenn diese vom Wasser umspült werden, will ich ehrlich gesagt gar nicht wissen. Der Traktor ist da vermutlich noch schlimmer mit seiner großen Ölpfanne und dem riesigen Motorraum. Aber interessiert das die Isländer? Die traurige Antwort ist: nein. Was Umweltschutz angeht, ist man in Island noch im tiefsten Mittelalter: man ist rücksichtslos, gedankenlos und verschwenderisch. Dazu kommt die Not: man kommt nun einmal nur so über die Flüsse hinweg. Andere Alternativen (außer den Helikopter zu nehmen oder es ganz bleiben zu lassen) gibt es nicht.
Nun ja, und was soll ich in dem Falle machen? Ich bin Hüttenwart geworden, weil ich der Meinung bin, dass ich auch als Einzelperson etwas zur Verbesserung der Welt beitragen kann. Als Hüttenwart kann ich vor Ort aktiven Naturschutz betreiben, Menschen aufklären und durch Diskussionen vielleicht zum Denken anregen. Und im Falle von Langidalur heißt das, dass ich auch über den Traktor verfüge und den Menschen über den Fluss helfen muss. Ein aufregender Job, einer, der einem Abenteuerlustigen wie mir Spaß macht - aber die negativen Seiten sehe ich sehr wohl. Ich habe den Traktor und die Hütte energiesparender geführt, als ein isländischer Hüttenwart, da bin ich mir sicher. Der Ausflug mit Nanna war eine Ausnahme, begründet durch die Notwendigkeit, dass das Mädchen am folgenden Morgen ihren Flug nach Peking erreichen musste - sie begleitete ihre Schwester zu den Special Olympics nach China.
Wie gesagt - ich balanciere wie so viele von uns auf einer zweischneidigen Klinge. Ich liebe die Natur und arbeite in ihr und für sie und die sie suchenden Menschen - und bin doch immer wieder gezwungen, Umweltsünden zu begehen. Das weiß ich. Darauf bin ich nicht stolz. Nur ändern kann ich es leider nicht - denn jede Verpflichtung birgt ihre negativen Seiten. Man kann versuchen, sie so gering wie möglich zu halten. Aber ganz umgehen kann man sie leider nicht.
Gruß - Kerstin
Gedankenaustausch willkommen!